piwik no script img

Possenspiel um Bauantrag

■ Weißenseer Baustadtrat Hampel wird demnächst von der Staatsanwaltschaft wegen Erpressungsverdachts vernommen. Antrag für identisches Haus ist bewilligt worden

Der Baustadtrat von Weißensee, Rainer Hampel (SPD), gegen den die Staatsanwaltschaft wegen versuchter Erpressung ermittelt (siehe taz vom 16. Juli), will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. In einer Mitteilung des Bezirksamtes Weißensee gestern heißt es lediglich, daß man keine Kenntnis von einem Ermittlungsverfahren habe. Hampel soll einem Bauherren eine Baugenehmigung nur gegen Verzicht auf berechtigte Schadenersatzansprüche zugesagt haben.

Daß Hampel sich stumm stellt, ist nicht verwunderlich. Denn obwohl die Staatsanwaltschaft bereits seit Sommer vergangenen Jahres ermittelt, ist der Baustadtrat bisher nicht vernommen worden. Nach Angaben von Pressesprecher Rüdiger Reiff ist „in nächster Zeit“ mit einer Anhörung zu rechnen.

Das Ermittlungsverfahren gegen den Baustadtrat war von der Staatsanwaltschaft eingeleitet worden, nachdem sich der Geschäftsführer der Real Contract Bau- und Datenservice GmbH aus Mannheim nach jahrelanger Untätigkeit des Bauamtes an die Staatsanwaltschaft gewandt hatte. Der Bauherr hatte 1994 ein Grundstück in einem denkmalgeschützten Gebiet in Weißensee erworben, um darauf ein Zweifamilienhaus mit Dachgeschoß zu errichten. Sein im November 1994 beantragter Bauvorbescheid wurde bis März 1995 nicht erteilt. Bei einem Gespräch im Sommer 1995 wurde ihm von Baustadtrat Hampel eine unverzügliche Bearbeitung zugesagt. Unter einer Bedingung: Er dürfe seine angedrohten Schadenersatzansprüche in Höhe von 3,5 Millionen Mark nicht geltend machen. Daraufhin klagte der Bauherr die 3,5 Millionen Mark beim Landgericht ein. Eine Entscheidung darüber steht noch aus.

Fast schon possenhafte Züge bekommt das Verfahren angesichts der Tatsache, daß der Bauherr zeitgleich mit dem ersten Grundstück ein zweites in der gleichen Straße erworben hatte und für ein identisches Gebäude darauf eine Baugenehmigung bekam. Doch diese erteilte das Bauamt erst auf Druck des Verwaltungsgerichts, an das sich der Bauherr wegen Untätigkeit der Behörde gewandt hatte. Das Verfahren wurde zwar eingestellt, doch das Bauamt wurde angewiesen, den Antrag zu erteilen. Vor wenigen Tagen war Richtfest. Barbara Bollwahn

Lesen gegen das Patriarchat

Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen