ETA-Jugendorganisation kündigt neue Gewalt an

■ Mit großen Koalitionen wollen die baskischen Parteien die Bürgermeister der ETA-nahen Herri Batasuna stürzen. Auch alte ETA-Freunde gehen auf Distanz

Bilbao (taz) – Wenige Tage nach den Erklärungen zur Ächtung und Isolierung der ETA-nahen Partei Herri Batasuna (HB) haben erstmals mehrere Parteien ihre Absicht in die Tat umgesetzt. Entgegen der Programmplanung ließen die Vertreter der baskischen Parteien PNV und EA die HB-Soziologen allein am Tisch der Sommeruniverisität von Pamplona sitzen (Thema: Die Selbstbestimmung des baskischen Volkes). In der 25.000-Einwohnerstadt Mondragón kündigten sämtliche Parteien ein gemeinsames Mißtrauensvotum gegen den HB-Bürgermeister an.

Der einstige ETA-Verteidiger Juan María Bandrés distanzierte sich unterdessen von seiner eigenen Vergangenheit. Es sei ein Fehler gewesen, erklärte er, in den 70er Jahren die ETA-Gewalt als politisches Mittel zu rechtfertigen. Die heutige Situation im Baskenland sei eine direkte Konsequenz der damals eingeleiteten Entwicklung. Selbst das Attentat vom Dezember 1973 auf den Stellvertreter des Diktators Franco, Hugo Carrero Blanco, das damals europaweit von der Linken gefeiert worden war, hätte seiner heutigen Ansicht nach nicht stattfinden dürfen.

Die Friedensgruppe „Gesto por la Paz“, die während der jahrelangen Entführung des Gefängnisbeamten Ortega Lara Schweigeminuten am Montagabend eingelegt und auch gegen das Attentat gegen Miguel Ángel Blanco Garrido protestiert hatte, verurteilte unterdessen die jüngsten Übergriffe und Brandanschläge auf die Parteilokale der HB. Anonyme Aufrufe zu Demonstrationen seien eine „Gefahr für die Demokratie“ und gefährdeten „die Arbeit vieler Jahre für eine Befriedung des Baskenlandes“.

Am anderen Ende des baskischen Spektrums meldete sich erstmals seit dem Blanco-Garrido- Mord die radikale Jugendorganisation „Jarrai“ zu Wort, aus der die ETA ihren Nachwuchs rekrutiert und die viele baskische Städte und Vorstädte mit verbrannten Bussen, eingeschlagenen Schaufenstern und zerstochenen Reifen in Atem hält. Ihre Sprecherin Ane Lizarralde drohte den „spanischen Faschisten“, die die baskischen Nationalisten von PNV und EA zu „Instrumenten für Agressionen“ gemacht hätten, mit Rache und kritisierte die spanischen Medien, die „Benzin auf den Konflikt geschüttet“ hätten.

Die beiden privaten Fernsehsender Tele 5 und Antena 3 kündigten an, daß sie „keine einzige Bildschirmsekunde“ für die „Komplizen von ETA“ zur Verfügung stellen werden. Staatliche Fernsehsender beschränkten sich bislang darauf, die Initiative zu loben. Aus dem Innenminsterium in Madrid kam der „Hinweis an ausländische Journalisten“, daß ETA „keine separatistische, sondern eine terroristische Organisation sei“. Dorothea Hahn