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Tapferes Schusterlein

Solifeier zum 71. Geburtstag: Pöseldorfer Schuster soll aus seinem Haus vertrieben werden  ■ Von Heike Haarhoff

Vielleicht kommt sogar Wolfgang Joop zum Gratulieren. „Extra aus den USA.“Inga Di Mar vom Geburtstagskomitee „Otto Hauswald“ist gerührt. 3000 Menschen, Stars und weniger bekannte, haben ihre Resolution unterschrieben. Die wünscht dem Pöseldorfer Schuster Otto Hauswald zu seinem 71. Geburtstag am Dienstag, daß er in seinem Laden Bei St. Johannis weiterhin sein Schuhgeschäft betreiben kann – trotz Räumungsklage. Einer der Unterzeichner ist der Modemacher Wolfgang Joop.

Otto Hauswald kann prominente Unterstützung gebrauchen: Vor einem knappen Jahr kam dem rüstigen Herrn „ein ganz unrühmliches Kündigungsschreiben“ins Haus geflattert. Der Inhaber der seit 1935 bestehenden Familien-Schusterei solle seinen kuriosen Laden mit antiquierten Schnürsenkeln, baumelnden Schuhen und einer schwarzweißen Katze im Schaufenster dichtmachen. So will es die Ärzteversorgung Niedersachsen. Als Hauseigentümerin muß sie die denkmalgeschützten Pöseldorfer Reihenhäuschen (Baujahr 1842) von Grund auf instandsetzen.

„Mit Klauen und Zähnen“setzt sich Hauswald, der über seinem Laden „von Kindesbeinen an“wohnt, seither zur Wehr. „Schließlich“, gab er im Juni vor Gericht zu Protokoll, „wurden hier schon Schuhe von Berühmtheiten wie Hardy Krüger repariert“. Auch Rocksänger Udo Lindenberg soll auf kaputten Sohlen vorbeigeschlichen sein. Das Landgericht Hamburg setzte ihm dennoch eine Auszugsfrist bis zum 30. September. Ohne Räumung des Hauses sei die Sanierung unmöglich; anschließend könne der Schuster ja zurückkehren.

„Bloß, zu welchem Preis“, seufzt Inga Di Mar: „3000 Mark Monatsmiete statt bisher 440 Mark soll er zahlen.“Zugegeben, sagt Otto Hauswald, „marktüblich“sei der jetzige Mietpreis wohl nicht. Doch der Laden werfe eben nicht mehr ab. Wohin, fragt Hauswald, sollte er denn auch ziehen? „Ich werde jetzt 71“, sagt er. „Und nicht mal einen Gesellenbrief habe ich.“Warum auch? Als Otto neun war, ging er schon seinem Vater an der Schusterbank zur Hand, lernte auch ohne offizielle Lehre Flicken, Besohlen, Nieten.

„Traurig“sei das alles, sagt Inga Di Mar. Was bleibt, als ein letztes Mal mobil zu machen und ein großes Solidaritäts-Geburtstagsfest zu organisieren? „Vier Fernsehanstalten“hat die Fest-Komitee-Vorsitzende Di Mar schon eine Zusage zur Teilnahme am öffentlichen Empfang (Dienstag, 11.30 Uhr, Bei St. Johannis 1-4) abringen können. Ein Radiosender will ein Ständchen bringen, der Vorsitzende des Mietervereins eine Rede halten. Eine Bäckerei spendet 100 Stück Kuchen, eine Getränkefirma Sonnenschirme und eine Hamburger Tageszeitung die Tombola. „So richtig schön“solle es Otto Hauswald noch mal haben.

Vielleicht geschieht ja noch ein Pöseldorfer Wunder, hofft Di Mar. Wo doch schon so viele die Resolution unterzeichnet hätten, ließe sich mit etwas Glück vielleicht „eine Hamburger Familie begeistern, die die Häuserzeile der Ärztevereinigung abkauft“. Und anschließend dem alteingesessenen Pöseldorfer Wohnrecht auf Lebenszeit gewährt. Verdient hätte er's, findet Di Mar: „Schließlich hat Hamburg es diesem tapferen Schusterlein zu verdanken, daß die Denkmäler überhaupt noch stehen.“Im Krieg nämlich, als sein Elternhaus brannte, da setzte sich Otto Hauswald todesmutig einen nassen Filzhut auf und kämpfte so erfolgreich gegen die Flammen.

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