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Was lange währt, wird schließlich teuer

■ Anwalt Funke will mehr Geld für falsch bestrahlte UKE-Krebspatientinnen

Patientenanwalt Wilhelm Funke fordert mehr Schmerzensgeld für die Opfer des UKE-Strahlenskandals. „Die Wissenschaftsbehörde hat die Schadensregulierung verzögert“, schimpfte Funke gestern. Er weiß: Wenn ein Gericht das genauso sieht, steht den Patientinnen erhöhtes Schmerzensgeld zu.

Wäre das Thema nicht so ernst, klänge der jüngste Schlagabtausch zwischen Anwalt und Wissenschaftsbehörde nach Gänseblümchenzupfen: Er lügt, er lügt nicht... Senator Hajen lügt, meint Patientenanwalt Wilhelm Funke. Der Wissenschaftsbehörden-Chef (SPD) wisse nicht erst seit Anfang Juli, daß die umstrittenen Krebsbehandlungen im UKE Ende 1993 in aller Stille auf allgemein anerkannte Methoden umgestellt wurden. „Bereits im Februar 1996 habe ich Dr. Hajen persönlich anhand von Bestrahlungsprotokollen darüber informiert“, schimpfte Funke gestern. Also habe Leonhard Hajen den Wissenschaftsausschuß am vergangenen Mittwoch belogen.

Stimmt nicht, konterte die Wissenschaftsbehörde. Wilhelm Funke habe Senator Hajen 1996 lediglich von geänderten Bestrahlungen der Brust und des Unterleibs krebskranker Frauen am UKE berichtet. „Im Wissenschaftsausschuß ging es am Mittwoch aber um Brustkrebs-Patientinnen, die zusätzlich in der Schlüsselbein-Region bestrahlt wurden“, sagte Pressesprecher Tom Janssen. Daß diese Behandlung falsch war, habe Leonhard Hajen samt Behörde tatsächlich erst im Juli erfahren. Funkes Vorwürfe, meint Janssen, „sind völlig absurd“.

Stimmt Wilhelm Funkes Darstellung, würde das bedeuten: Hajen hätte zumindest einen Teil des Strahlenskandals schon 1996 aufklären können. Denn wenige Monate, bevor die Behandlungsmethoden geändert wurden, hatte ein Gutachten dem UKE einwandfreie Behandlungsmethoden bescheinigt. Warum also die Umstellung? Wäre der Senator damals mißtrauisch geworden, meint Funke, könnten die falsch behandelten Patientinnen längst ihre Entschädigung auf dem Konto haben.

Das Amt hat sein möglichstes getan, erklärt Sprecher Tom Janssen. „Was wir an Informationen bekommen haben, haben wir in ein Gutachten eingespeist.“Das gelte auch für die geänderten Behandlungsmethoden. Seine Versicherung habe dem UKE-Arzt Hans-Joachim Frischbier Ende 1993 geraten, seine Bestrahlung umzustellen, sagte Frischbiers Anwalt vergangene Woche im NDR. juw

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