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Prost auf ein Wiedersehen

■ Radio Bremen läßt die Fernsehfamilie Schefer die dritte Staffel rennen

Im „Pumpenhaus“auf der We-serinsel feiern sie eine Scheidung. Und sind doch tatsächlich gut gelaunt. „Ich trinke auf Eure Freiheit“, sagt ein junger Mann und prostet seinen Eltern zu. „Aber eins sage ich Euch: Uns werdet Ihr nicht los.“

Müssen sie eigentlich heutzutage jeden Privatkram öffentlich verhandeln? Ja, müssen sie. Wir bitten sogar darum. Vorausgesetzt, es handelt sich nicht um irgendwen, sondern um Leute, die man kennt und die man endlich wieder sehen möchte. Wer könnte das sein? Genau: Familie Schefer.

Und wer bei diesem Namen ratlos mit den Schultern zuckt, hat selber Schuld. Gehört wahrscheinlich zu denen, die immer im Gouvernantenton behaupten, sie sähen niemals fern – es sei denn „Arte“, den Kulturkanal. Die können jetzt ruhig mit spitzen Fingern weiterblättern – den anderen aber, die gute Bremer Fernsehunterhaltung zu schätzen wissen, sei eine frohe Botschaft überbracht: Die Schefers kommen wieder, und mit ihnen die Vorabendserie „Nicht von schlechten Eltern“.

Diese frohe Botschaft mußte natürlich auch Radio Bremen unter die Leute bringen und hatte deshalb ins „Pumpenhaus“zu einem Presse- und Drehtermin geladen – zu jener Scheidungsfeier-Szene eben, in der Sohn Felix (Patrick Bach) das Weinglas hebt, um mit seinen Geschwistern Jenny (Tina Ruland), Moritz (Steven Bennett) und Alexander (Colin Kippenberg) auf die Scheidung der Eltern Sibylle (Sabine Postel) und Wolfgang (Ulrich Pleitgen) anzustoßen.

Das ist die größte Überraschung der dritten Staffel dieser Serie, die Rainer Boldt, der Regisseur, für Radio Bremen gerade dreht: Die Eltern Schefer trennen sich. Na gut, sie hatten auch früher schon das eine oder andere Problem, konnten sich erboster und witziger streiten als alle anderen Fersehfamilien zusammen, aber daß sie nun so weit gehen müssen, tut erst mal jedem, der diese chaotisch stabile Familie liebte, ein bißchen weh. Medialer Phantomschmerz, sozusagen. Doch wer die Familie kennt und Zeuge der Scheidungsfeier-Szene war, dem schwant, daß bei den Schefers auch mit einer Scheidung nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Fünf Jahre sind vergangen, wenn die erste Folge der dritten Staffel am 7. Januar 1998 auf Sendung geht. Und was das bedeutet, konnte man auf Anhieb im „Pumpenhaus“erkennen: Das Nesthäkchen der Familie, der kleine Alex, ist ein baumlanger Kerl geworden, so daß man an sich halten mußte, nicht tantenhaft zu rufen: ,Gott, Junge, was bist du gewachsen!' Ein wenig mürrisch sieht er inzwischen aus, was auch kein Wunder ist, denn Bernhard Gleim, der Redakteur, erzählt, das Nesthäkchen wird zum Sorgenkind, wird von der Schule fliegen und hat, „null Bock auf nichts.“Aus Jenny hingegen ist in den fünf Jahren eine Zahnärztin geworden, die ausgerechnet auf dem Marinestützpunkt praktiziert, den ihr Vater als Admiral befehligt. Felix ist Theologe, und Moritz – schon immer das Finanzgenie der Schefers – steht nach wie vor seiner Oma Lisbeth (Renate Delfs) bei, wenn die ihre eigenen, nicht weniger dubiosen Finanzgeschäfte abzuwickeln hat.

Familie und Schule – das waren bislang die Milieus, von denen diese Serie lebte. Doch jetzt, fünf Jahre später, sind – bis auf Alex – die Kinder aus der Schule herausgewachsen – und eigentlich auch aus der Familie. Darin liegt ein gewisses Risiko für eine Serie, die als Schul- und Familienserie erfolgreich war und nun die Schauplätze verändern, gleichzeitig aber die Grundstruktur der Serie erhalten muß.

Die Figuren sollen als dieselben wiederzuerkennen – und über das Schulspezifische hinausgewachsen sein. So werden also, ab Januar, die Irrungen und Wirrungen der Schefers kaum in der Schule, dafür aber auf dem Marinestützpunkt in Wilhelmshaven für Aufruhr sorgen. Dort wird die Oma Lisbeth – zum großen Entsetzen ihres Sohnes Wolfgang – eine Kantine übernehmen; dort wird sich Jenny – zum großen Entsetzen ihres Vaters Wolfgang – in einen uniformierten Charmeur verlieben.

Und wer sich an Ulrich Pleitgens Fähigkeit, den komischen Choleriker zu mimen, nicht sattsehen kann; wer insgeheim Renate Delfs als Oma Lisbeth zum Star der Serie erkoren hat, dem kann bei der Ortsveränderung der Schefers nicht bange sein.

Machen wir's also wie Felix bei der Scheidungsfeier seiner Eltern: Erheben wir das Glas, prosten wir der schönen Aussicht auf eine Fortsetzung der Serie zu – und jetzt im Chor: Uns werdet ihr nicht los.

Sybille Simon-Zülch

Ab 1. Oktober 1997: Wiederholung der zweiten Staffel im Vorabendprogramm

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