: Frischer, ähem, Papageienlook
Bundesligisten im Test: Der VfL Bochum gewinnt an Defensiv-Qualitäten, hat aber trotz Design-Überarbeitung erhebliche optische Defizite ■ Von Christoph Biermann
Koblenz (taz) – Richtig gut aussehen wollte der VfL Bochum als Teilnehmer des Liga-Pokals. Der ist zwar mitten in der Saisonvorbereitung ein rechter Etikettenschwindel, bedeutet aber für die Bochumer auch Anerkennung ihres gestiegenen Status. Gegen den Champions-League-Sieger aus Dortmund sollte das offensichtlich auch textil zum Ausdruck gebracht werden. Trainer Toppmöller, von Alt-Marodierer Max Merkel in einem überraschenden Ausbruch der Emphase zum „besten Trainer der Bundesliga“ erhoben, erschien in Koblenz in gedeckt blauem Anzug der Großtrainer. Wo er sonst einfach das anzieht, „was meine Frau mir rauslegt“.
Dem neuen Dresscode auf dem Platz hingegen waren schwere Kulturkämpfe vorangegangen. Im ständigen Bemühen, dem VfL- Sponsor Norman Faber „die Gelegenheit zu geben, sein Engagement zu verstärken“ (VfL-Manager Hilpert), vulgo: ihm immer mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, war die Idee entstanden, den Veranstalter von Lotto-Spielgemeinschaften zum Ausrüster zu machen. „Wir haben überlegt, wie wir dem VfL noch mehr geben können“, hatte Faber gesagt und meinte damit einen verwegenen Mix aus Geld und Farben.
Die offizielle Vorstellung des neuen Trikots während einer Fernsehsendung aus dem Bochumer Schauspielhaus jedenfalls endete in Tumulten. Als Kapitän Dariusz Wosz im knallbunten Trikot mit den Regenbogenfarben des Lotto- Unternehmens auf die Bühne trat, wurde er ausgelacht: „Zieh den Schlafanzug aus!“ Als die Kameras abgestellt waren, erhob sich der Saal zur gemeinsamen Forderung: „Blauweiße Trikots, wir wollen blauweiße Trikots!“ Und die lokale Presse witzelte: „Von der grauen Maus zum Papagei.“
Nun unterstützt Faber den VfL Bochum zwar mit geschätzten fünf Millionen Mark und darf deshalb Schriftzug und Firmenfarben im Ruhrstadion sogar auf dem Klo applizieren, die Resonanz auf den Vergriff ans Trikot hatte er aber unterschätzt. Weil die Bochumer Welt jedoch trotz der erstmaligen Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb immer noch klein und übersichtlich ist, blieb dem erschrockenen Lotto-König noch die Revision. Im Gespräch mit dem Fan-Rat, den Repräsentanten der Fanklubs, wurde ein Kompromiß für das Design erarbeitet. „Das Trikot ist jetzt zu 75 Prozent blauweiß“, verkündete danach erleichtert Manager Hilpert.
Nur noch eine Hälfte des Shirts (Sport-Bild: „gewöhnungsbedürftig“) ist jetzt Faber-bunt, die Hosen sind blau, die Stutzen weiß. Zwar sieht der VfL Bochum damit immer noch wie ein dänischer Zweitligist aus, aber Thomas Stickroth, der am besten gekleidete Bochumer, glaubt inzwischen an die Tragfähigkeit des Jerseys: „Ich habe mich daran gewöhnt und finde es, ähem, frisch.“
Diese Frische übertrug sich beim Liga-Pokal-Spiel gegen Borussia Dortmund nur teilweise aufs Spiel. Zum jetzigen Zeitpunkt der Vorbereitung, wo „die Beine voller Arbeit sind“ (Dortmunds Trainer Scala), fällt der Zusammenhang zwischen Farben- und Spielfreude verständlicherweise schwer. Der VfL Bochum bestätigte die guten Leistungen des Vorjahres jedoch nur in der Defensivarbeit, die durch die Neueinkäufe Hoffmann (Mannheim) und Dickhaut (Frankfurt) vor allem im Mittelfeld deutlich an Qualität gewonnen hat. Klaus Toppmöller, von der Idee äußerster taktischer Flexibilität besessen, verfügt jetzt über noch mehr Möglichkeiten. Das von ihm im Vorjahr so häufig beklagte Mittelfeld-Pressing seiner Mannschaft war ebenfalls sichtbar verbessert. Nur die „Kreativabteilung“ (Toppmüller) lag noch brach. Ohne Wosz, der erst zum Ende eingewechselt wurde, und die Sturmhoffnung Juran („der ist noch platt“), gab es kaum Torchancen. So fiel Borussia Dortmunds 1:0 zwar spät, durch einen Elfmeter von Chapuisat (89.), war aber verdient.
Das flirrende Gelb der Borussen bleibt auf dem Bildschirm, morgen um sieben in Augsburg gegen die Münchner Bayern. Heute (19 Uhr) treffen sich im anderen Halbfinale der VfB Stuttgart und der Karlsruher SC. Der VfL Bochum aber darf seine neuen Trikots erst einmal wieder nur bei Freundschaftsspielen auf den Dörfern vorführen.
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