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UNO will in Kongo eine größere Rolle spielen

■ Menschenrechtsstreit beigelegt. Nun ist von einem „Marshallplan“ die Rede

Berlin (taz) – Die Vereinten Nationen ändern ihre Politik gegenüber der Demokratischen Republik Kongo (früher Zaire) unter Laurent-Désiré Kabila. UN-Generalsekretär Kofi Annan akzeptierte am Montag in einem Brief auch die zweite Bedingung der Regierung Kabila für die Erlaubnis, mutmaßliche Massaker durch ein Team von Menschenrechtsexperten untersuchen zu lassen. Die Untersuchungen werden sich nun auf den gesamten Zeitraum seit 1993 beziehen und nicht mehr, wie noch im April von der UN-Menschenrechtskommission beschlossen, nur auf die Zeit nach dem Beginn der Rebellion von Kabilas Allianz Demokratischer Kräfte für die Befreiung von Kongo (AFDL) im Herbst 1996. Im März 1993 hatten im Osten Zaires Vetreibungen und Ermordungen von ruandischstämmigen Zairern durch das Mobutu- Regime eingesetzt. Vertriebene zairische Banyamulenge-Tutsi bildeten 1996 den militärischen Kern der AFDL.

Damit gibt es keine wesentlichen Streitpunkte mehr zwischen der UNO und Kabila. Hilfsorganisationen werfen der AFDL vor, auf militärischem Wege und durch Blockade von Hilfe den Tod Zehntausender ruandischer Hutu- Flüchtlinge verschuldet zu haben. Die AFDL-Regierung kontert dies mit dem Hinweis, daß die Flüchtlinge unter Kontrolle bewaffneter Milizen standen, die sich der AFDL als Feind entgegenstellten. Diese Milizen waren die Reste der Truppen, die 1994 in Ruanda bis zu eine Million Menschen umgebracht hatten.

Daß die Vorwürfe untersucht werden können, hatten Vertreter der UNO und der Regierung Kabila am 4. Juli in einem Grundsatzabkommen geklärt. Zwei Streitpunkte waren geblieben: der von Kabila als parteiisch abgelehnte Untersuchungsleiter Robert Garreton und der Zeitraum der Untersuchung. Am 8. Juli setzte Kofi Annan Garreton ab und kündigte die Bildung eines neuen Teams an. Danach sagte Kongos Außenminister Bizima Karaha bei einem Besuch in den USA zu, mit der geplanten Untersuchung voll zu kooperieren. Nun ist auch der zweite Streitpunkt ausgeräumt.

Sollte die Krise um die UN-Untersuchung nun gelöst sein – was noch vom tatsächlichen Verlauf der Untersuchung abhängt –, ist damit zu rechnen, daß der Kongo rasch umfangreiche internationale Hilfe erhält. Die USA haben in ihrem Budget für 1998 dem Kongo Hilfe versprochen und dies unter anderem von einer Kooperation mit der UN-Untersuchung abhängig gemacht. US-Unterstaatssekretär Thomas Pickering sagte am 16. Juli, der Kongo sei ein „Wachstumsmotor für das östliche und südliche Afrika“, den es zu unterstützen gelte. Die US-Politik müsse darin bestehen, der neuen Regierung „zu helfen, vernünftige Entscheidungen zu treffen“.

Auch bei der UNO wird über größere Kongo-Hilfen nachgedacht. Von einem „Marshallplan“ zum Wiederaufbau des von 32 Jahren Mobutu-Diktatur ruinierten Landes sprach am Donnerstag Ibrahim Jabr, Vertreter des UN-Kinderhilfswerks Unicef in Kinshasa. Diese Woche reist eine Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) nach Kinshasa, die Kabila die neoliberale Wirtschaftspolitik Ugandas empfehlen will. Aus Deutschland soll Anfang August eine erste Bundestagsdelegation Kinshasa besuchen, eine Delegation von Ministerialdirektoren soll folgen. Dominic Johnson

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