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Der Teufel aus Bamberg

Künstlerinnen in Berlin (IX): Als Malerin spielt Margarete Hahner mit Klischees, um sie dann auf Videofilm und in Diashows zu präsentieren  ■ Von Cornelia Gerner

Heimatkunde“ heißt die Arbeit, die im vergangenen August im Kunstspeicher Potsdam anläßlich der Ausstellung „Contrapartida“ zu sehen war. Tagelang war Margarete Hahner damit beschäftigt, die Technik für die Präsentation der Dias und den Ton einzustellen. Schließlich konnte man in einer kleinen, abgedunkelten Nische in rascher Folge fotografierte Ölbilder sehen, die die Malerin mit Texten von Darwin, Stefan Zweig und de Sade unterlegt hatte. Zwar dauerte der „Lichtbildvortrag“ über die „Menschwerdung des Affen“ nur siebeneinhalb Minuten, aber immerhin waren in dieser Zeit 110 Bilder zu verdauen.

Richtig hinhören mußte man außerdem, um ein Gefühl für den Zusammenhang von sachlich-intellektuellen Texten und den Bilderserien zu entwickeln, die Affen zeigten, Frühmenschen und nicht ganz ernst gemeinte Zitate von Bildklassikern der Kunstgeschichte. Am Ende des Reigens angelangt, beleuchtete ein Scheinwerfer das kleine Ölbild eines Teufels. Margarete Hahner hatte ihn im rechten Winkel zu den Lichtbildern an der Seitenwand der Kabine aufgehängt: einen kleinen Teufel, lustig anzuschauen, den man in der Dunkelheit vorher nicht unbedingt bemerkt hatte.

„Der Teufel ist dem der Kanzel aus der Michelskirche abgeguckt.“ Die Künstlerin meint die Kirche in Bamberg, wo sie geboren ist. Im Unterschied zu diesem Luzifer, einem wahren Höllenengel, der gerade vom Erzengel Michael in die Tiefe gestoßen wird, erscheint Hahners Teufel als einer, dem der Schalk im Nacken sitzt und der eher an einen Satyr erinnert.

„Ich hatte lange das Problem: Wie stelle ich meine Bilder aus? Ich wollte sie nicht aus ihrem Zusammenhang reißen und als Einzelbilder zeigen.“ Margarete Hahner sitzt in ihrem Atelier in Prenzlauer Berg, wo sie auch wohnt. Wenn sie über Kunst spricht, muß man unwillkürlich an ihre Stimme zu „Heimatkunde“ denken. Ihre Art, über Dinge zu reflektieren, kann im Gespräch jedoch schnell im Witz enden.

Jahrelang hat Hahner nur Objekte und auf den Raum bezogene Arbeiten ausgestellt. Aber dann mußten die Bilder irgendwie raus. In ihrem Vortrag im NBK Anfang Mai erklärte Margarete Hahner, wie sie auf die Präsentation per Dia gekommen ist: „Ich hatte die pragmatische Idee, die geraffte Bildzeit dem Betrachter ohne die peinliche Stille vor der erhabenen Wand von langer Hand frei Haus zu liefern, wie einen Warenkatalog“ (aus dem man sich im übrigen auch etwas aussuchen kann).

Das Ergebnis war die Videoproduktion „Mascha und Gelb“ von 1995, eine Zusammenarbeit mit der Experimentalfilmerin Katarina Peters. Damals verknüpfte sie ihre Bilderserien durch die Einführung einer Traumebene. Mascha schläft immer wieder ein und träumt etwas Neues. „Heimatkunde dagegen“, vergleicht Margarete Hahner, ist mehr skizzenhaft, linearer. Nicht so aufgeschlüsselt.“

„Es geht mir um den Transport von Inhalten.“ Betrachtet man die Bilder im Original, wird deutlich, was gemeint ist. Die meisten von ihnen könnten mit „zeichenhaft“ umschrieben werden: Sie zitieren aus vielen Bereichen bereits vorhandene Bilder, führen das Zitat aber nicht aus. Das Bild muß nicht fertig erzählt werden, weil wir es genau kennen, weil es Bestandteil unserer Bilderwelt ist. Oft auch deuten sie das „Vorbild“ um und fügen eine kleine Frechheit dazu. Die Künstlerin erklärt das so: „Ich nehme Klischees, die ja sehr geschlossen sind, und treibe es noch mal weiter, so daß sie wieder offen werden.“ Der Trick ist die Ironisierung, die manchmal ganz offensichtlich, manchmal sehr subtil das Gezeigte im Zusammenspiel mit dem Gesagten bricht.

Margarete Hahner wurde 1960 geboren, studierte in Karlsruhe und ging 1986 für zwei Jahre nach Skandinavien. „Da habe ich gemerkt, wie ortsabhängig ist, was man macht. Man trägt die inneren Bilder in sich und sie verbinden sich mit den äußeren zu immer neuen Varianten.“ Ihre Arbeiten zeigte sie in letzter Zeit unter anderem im Künstlerhaus Bethanien und in der Galerie Zwinger, aber auch im Moskauer Museum für moderne Kunst anläßlich der Ausstellung „Salon“.

Mit ihrer Kunst ist es wie in ihrem Traum, den sie im September 1996 anläßlich der Potsdamer Ausstellung hatte, erzählt sie zum Schluß. In ihrer Aufzeichnung heißt es: „Träume von einem Ereignis im Schloß. Eine Jury soll uns bewerten. Es geht darum, sich möglichst gut zu verstecken. Das Schloß ist riesig. Einerseits ist mir kein Versteck gut genug, andererseits, wenn ich mich wirklich gut verstecken würde – und ich wüßte schon auch, wie –, würde mich ja niemand finden.“

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