piwik no script img

Expo-Hilfe per CD-ROM

Jury wählt 70 internationale Projekte der Expo 2000. Geld gibt es für diese Ideen aber nicht  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

„Die Dritte Welt steht im Mittelpunkt“, hieß es noch in jener offiziellen Weltausstellungsbroschüre, mit der Gerhard Schröder einst zum Mitmachen bei der „Expo neuen Typs“ einlud. Den „Frieden zwischen Menschen, Natur und Technik“ sollte die Weltausstellung im Jahre 2000 fördern, und die internationalen Expo-Projekte sollten nach dem Willen des niedersächsischen Ministerpräsidenten in der Dritten Welt „konkrete Hilfe leisten“. Was übriggeblieben ist von diesen hehren Versprechungen, die der Ausstellung in Hannover seinerzeit bei einer Bürgerbefragung zur 51-Prozent- Mehrheit verhalfen, hat Expo-Generalkommissarin Birgit Breuel jetzt der Öffentlichkeit präsentiert. Eine internationale Jury unter Vorsitz des Club-of-Rome-Präsidenten Ricardo Dez Hochleitner, hat vergangenen Donnerstag und Freitag aus 236 Bewerbungen die ersten 70 internationalen Expo- Projekte ausgewählt.

Zu Hause sind diese weltweiten Expo-Projekte, die in drei Jahren auf der Ausstellung in Hannover im Expo-Themenpark oder in Länderpavillons medial präsent sein werden, tatsächlich vorwiegend in Staaten der Dritten Welt. Auch als gelungene Beispiele „nachhaltiger Entwicklung“ kann man die meisten der ausgewählten praktischen Lösungsansätze wohl bezeichnen. Schließlich geht es etwa genauso um sauberes Trinkwasser in Bolivien wie um nachhaltige Bewirtschaftung von Schutzgebieten am Amazonas, um in Kenia produzierte Solarlampen, wie um indonesische Kleinstwasserkraftwerke. Aufgenommen in den Katalog der internationalen Expo- Projekte hat die Jury unter Dez Hochleitner, der auch dem International Advisory Board der Expo 2000 vorsitzt, jene Netze, die im trockenen Nordchile aus dem Nebel Trinkwasser einfangen oder einen Zoo auf der britischen Kanalinsel Jersey, der seltene Wildtiere nicht präsentiert, sondern durch Nachzucht deren Aussterben verhindert.

Diese weltweiten Expo-Projekte, so sagte Generalkommissarin Birgit Breuel am Freitag, sollten sich nun vernetzen und einen „weltweiten Lernprozeß, einen Erfahrungs- und Lösungsaustausch von Land zu Land in Gang“ setzen. Jurypräsident Dez Hochleitner lobte sie schon als „neue Lösungen für eine künftige weltweite Zivilgesellschaft“. Die Jury hat die Projekte allerdings nicht nur nach Kriterien wie Nachhaltigkeit und Originalität auserkoren, auch die Finanzierung der Projekte mußte zumindest bis zum Jahr 2000 gesichert sein, schließlich sollen diese international vorbildlichen Lösungen noch existieren, wenn die Ausstellung in Hannover ihre Tore öffnet. Zuschüsse, Kredite oder andere materielle Zuwendungen haben die erwählten Projekte in der Dritten Welt im Zusammenhang mit der Expo nämlich nicht zu erwarten. „Sie haben die Chance, sich weltweit bekannt zu machen“, antwortete Birgit Breuel am Freitag auf die Frage, wie die ausgewählten Projekte gefördert würden. Geschehen soll dieses Bekanntmachen mit Hilfe einer CD- ROM, auf der die Expo-Gesellschaft während und nach der Weltausstellung Informationen über ihre weltweiten Projekte präsentieren will. So bleibt von Schröders „konkreter“ Expo-Hilfe für die Dritte Welt eine Plastikscheibe für das Computerlaufwerk.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen