: Betr.: Souhaila Andrawes
Das Bild ging um die Welt: Obwohl die junge Palästinenserin schwerverletzt auf einer Trage weggebracht werden mußte, spreizte sie ihre Finger zum Victory-Zeichen und schrie: „Kill me, kill me!“ Es war das Ende der mehrtägigen Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“, die von dem Kommando „Matyr Halimeh“ der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) gekapert worden war, um Gesinnungsgenossen – darunter elf Gefangene der RAF – freizupressen. Als einzige Entführerin überlebte Souhaila Andrawes Sayeh die Erstürmung der Maschine durch die deutsche Anti-Terror-Einheit GSG 9 am 18. Oktober 1977 auf dem Flughafen von Mogadischu. Sie wurde in Somalia zu einer 20jährigen Haftstrafe verurteilt, kam aber Anfang der 80er Jahre aus der somalischen Haft wieder frei. Über Bagdad, Prag und Damaskus zog es sie 1991 nach Oslo, wo sie zusammen mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter jahrelang unbehelligt unter ihrem richtigen Namen lebte. 1994 erinnerte sich die Karlsruher Bundesanwaltschaft im Rahmen der Ermittlungen gegen die Frankfurterin Monika Haas an die Ex-Flugzeugentführerin. Nach Vernehmungen deutscher und norwegischer Beamter identifizierte Andrawes Monika Haas als jene „schöne Frau“, die dem Kidnapperkommando die Waffen in Mallorca übergeben haben soll. Auf Antrag der Bundesregierung wurde die heute 44jährige Andrawes im November 1995 an die Bundesrepublik ausgeliefert und vom Hamburger Oberlandesgericht im November 1996 wegen gemeinschaftlichen Mordes und erpresserischen Menschenraubes zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt. In ihrem eigenen Verfahren und auch als Zeugin im Frankfurter Prozeß gegen Monika Haas hat Andrawes ihre Osloer Aussagen weder widerufen noch wiederholt. Das Hamburger Oberlandesgericht wandte bei der Strafzumessung die Kronzeugenregelung zu ihren Gunsten an, die Frankfurter belegten die schweigende Frau dafür mit einem halben Jahr Beugehaft, das sie inzwischen verbüßt hat. Das Interview wurde im Hamburger Frauengefängnis Hahnöfersand geführt. Foto: Marco Carini
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