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■ Querspalte"Weint nicht um mich..."

Hat Kambodschas Premierminister Hun Sen nur geputscht, um nicht zu den Asean-Konferenzen reisen zu müssen? Der Verdacht drängt sich auf. Denn die Diplomatie der Gemeinschaft der Südostasiatischen Staaten verlangt von ihren Mitgliedern mehr als nur politische Raffinesse. Mindest ebenso gefragt sind sportliche und musische Fähigkeiten – Golf und Karaoke.

Mit Golf käme er wohl zurecht, verkündete Hun Sen kürzlich, schließlich beherrsche er auch Fußball und Volleyball. Außerdem besitze er nur noch ein Auge, damit „kann ich mich besonders gut konzentrieren“. Aber vor dem Karaoke-Singen habe er noch Manschetten: „Meine Stimme ist fürchterlich.“

Da zeigte eine andere Politikerin, über deren Sangeskunst man ebenfalls bisher wenig wußte, mehr Courage: Madeleine Albright versuchte beim traditionellen Abschlußdinner in Kuala Lumpur die Kollegen, die sie zuvor schwer vergrätzt hatte, durch ein Liedchen milder zu stimmen: „Don't cry for me, Aseanies“, schmetterte die amerikanische Außenministerin nach der Titelmelodie des Musicals „Evita“. Und weiter: „In Wahrheit habe ich euch nie verlassen ... Ich hielt mein Versprechen / Haltet mich nicht auf Distanz ... Man sagte mir, ich solle wie eine Löwin brüllen / Und die bösen Männer aus dem Schlafe wecken“, hauchte sie ins Mikrofon, blutrote Lippen über schwarzem Abendkleid. „Aber ich würde viel lieber / Einkaufen, flirten und plaudern / Denn tief im Herzen bin ich wirklich / Little Bo Peep“ – frei übersetzt: lieb wie das Sandmännchen.

Welcher noch so hartnäckig grollende Minister hätte sich nach diesem Eingeständnis Frau Albrights Überzeugungskraft entziehen können: „Sie müssen mich nur anschauen, um zu wissen / Daß jedes Wort wahr ist“, endete sie. Wenn doch nur irgend jemand Hun Sen beizeiten aufgeklärt hätte: Es kommt wirklich nicht darauf an, wie man singt, sondern was, er hätte sich seinen Putsch sparen können. Aber böse Menschen haben keine Lieder. Jutta Lietsch

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