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Kritik am Landesherrn

■ Kriminologe Christian Pfeiffer rügt Ministerpräsident Gerhard Schröder

Berlin (taz) – Vorsichtig, aber eindeutig hat Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts in Hannover, den niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder für dessen Äußerungen zur Inneren Sicherheit und zur sogenannten Ausländerkriminalität kritisiert. In einem Interview mit der Woche sagte er: „Öl ins Feuer zu schütten ist schlecht, denn Angst ist nie ein guter Ratgeber.“

Zugleich wies er darauf hin, daß sich der Ministerpräsident in jüngster Zeit vehement darum gekümmert habe, „daß in Niedersachsen Jugendliche einen Ausbildungsplatz bekommen“. Das „hätte er dann auch als Kriminalprävention verkaufen“ können. Die beste Kriminalpolitik, so Pfeiffer, sei „nun mal eine gute Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik“.

Den Rest der Law-and-order- Rhetorik wies der Jurist und Sozialwissenschaftler als anschwellendes Wahlkampfgeklingel zurück. Nicht in erster Linie mehr Polizei, sondern eine günstige Arbeitsmarktentwicklung habe in den USA die Kriminalitätsrate sinken lassen. Auch auf die Tatsache, daß Ausländer selbst am häufigsten Opfer von Straftaten durch Ausländer werden, müsse stärker aufmerksam gemacht werden.

Die Schrödersche Bemerkung, die Gesetze für kriminell gewordene Ausländer seien mangelhaft, verwies er in den Bereich der Fabel. Häufig könnten Straftäter ohne deutschen Reisepaß nicht ausgewiesen werden, „weil wir entweder nicht wissen, welche Nationalität“ die Straftäter haben, oder weil die Heimatländer „sich weigern, sie zurückzunehmen“. Christian Pfeiffer rügt hierbei vor allem die christliberale Bundesregierung: Von der „wird offenbar nicht genügend Druck ausgeübt“.

Darüber hinaus warnte der Wissenschaftler vor weiteren politischen Zuspitzungen beim Thema Kriminalität: Die anderen Parteien „werden jetzt noch einen draufsetzen“. Dann werde es schwer für die SPD, „einen vernünftigen Weg noch für richtig zu erklären“. JaF

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