piwik no script img

Flüchtlinge zahlen Abschiebekosten

■ Seit 1993 hat der Bundesgrenzschutz eine Million Mark von Betroffenen, die illegal eingereist sind, abkassiert

Berlin (taz) – Abzuschiebenden ausländischen Personen kann durch den Bundesgrenzschutz (BGS) oder die Staatsanwaltschaft mitgeführtes Geld abgenommen und einbehalten werden. Dies regelt Paragraph 82 Abs. 1 und 5 des Ausländergesetzes, wonach die durch Ab- oder Zurückschiebung entstehenden Kosten von den Betroffenen selbst gezahlt werden sollen. Über eine Million Mark hat seit 1993 der BGS von illegal in die Bundesrepublik eingereisten Flüchtlingen einkassiert.

Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der PDS-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervor. Allerdings sind darin nur jene Fälle als kostenpflichtige „Sicherheitsleistungen“ berücksichtigt, in denen BGSler abzuschiebende Personen begleitet haben. Rechnete man auch all jene hinzu, die kurz nach ihrer Festnahme in Grenznähe unbegleitet wieder zurückgeschoben wurden, so dürfte die Gesamtsumme wohl viel höher liegen.

Wie in einem Reiseprospekt sind die einzelnen „Dienstleistungen“ des BGS aufgelistet. So kostet das Tätigwerden von BeamtInnen des mittleren Dienstes 63Mark pro Stunde. Wird jemand von einem Beamten des gehobenen Dienstes erwischt und/oder abgeschoben, so kostet das den Flüchtling 90 Mark. Und 122 Mark teuer ist jede Stunde, die ein Führungsbeamter des höheren Dienstes tätig wird. Ähnlich akribisch berechnet sind auch die Fahrtkosten mit den BGS-eigenen Fahrzeugen: Mit 30 Pfennig pro gefahrenem Kilometer liegen all jene günstig, die ihre Rückreise in einem „Pkw (Kombi)“ antreten. Obwohl erheblich unbequemer schlägt die Fahrt in einem „Lkw (Kombi)“ schon mit 36 Pfennig zu Buche; 68 Pfennig sind für einen Gruppentransport zu zahlen und 96 Pfennig werden pro Person/Kilometer für einen Bus berechnet.

Für Armutsflüchtlinge, die häufig mit Hilfe der ganzen Verwandtschaft die Kosten (einschließlich evtl. Schlepperdiensten) für einen Weg ins nach wie vor reiche Deutschland zusammengetragen haben, sind das stolze Preise. Doch damit nicht genug, wird ihnen auch die Verpflegung während ihrer Wartezeiten im BGS-Abschiebegewahrsam berechnet. Mit täglich 20 Mark (Frühstück 5 Mark, Mittagessen 9 Mark, Abendessen 6 Mark) ist dies ein Betrag, der um einiges höher liegt, als jener, der für die Verpflegung in Asylbewerberheimen zugrundegelegt wird.

Daß solche „Sicherheitsleistungen“ gleich so hoch berechnet werden, daß Flüchtlingen bei ihrer Abschiebung regelmäßig nicht mehr als 50 Mark verbleiben – damit sie nicht gleich wieder zurückkommen – mochte die Bundesregierung nicht bestätigen. Immerhin stellt sie jedoch klar, daß die durch den BGS eingezogenen Gelder der Abwehr anderer Illegaler dienen: „Einnahmen aus Sicherheitsleistungen, die dem Bund zustehen, fließen laut Kap. 0625, Titel 539 99 ,Vermischte Verwaltungskosten‘, zur Verstärkung des dort eingehaltenen Ansatzes für besondere Kosten im Rahmen der grenzpolizeilichen Kontrolle zu.“ Otto Diederichs

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen