■ Scheibengericht: Pops Mohamed
How far have we come? (B+W Music)
Die Sprache der Khoisan gehört zu den aussterbenden Sprachen dieser Welt. In Südafrika ist Englisch die Lingua Franca, und die meisten Khoisan, einst Nomaden, leben heute in festen Siedlungen, was den Verlust von Sprache und Kultur beschleunigt. Den europäischen Kolonisatoren verdanken sie, womöglich die älteste Volksgruppe Afrikas, die wenig respektvolle Bezeichnung als Buschmänner und Hottentotten. Bei seinen Nachforschungen stellte der Jazzer Pops Mohamed fest, daß die Musik dieses Volkes bisher so gut wie nicht dokumentiert worden war – abgesehen von einer schlechten Aufnahme des südafrikanischen Radios. Grund genug für den südafrikanischen Musiker, im Juli 1995 mit einer sechsköpfigen Mannschaft in die Kalahari-Wüste ins Grenzgebiet von Namibia und Botswana zu reisen, um Aufnahmen mit den Khoisan zu machen. Das dazu nötige Studio richtete man auf der Ladefläche des mitgebrachten Jeeps ein, für die Erlaubnis zur Dokumentation verhandelte man mit dem Oberhaupt, und nach einigen Tagen waren die Aufnahmen im Kasten. Eine Erfahrung, „wie seine Vorfahren zu treffen“, nannte Pops Mohamed im nachhinein das Zusammentreffen mit den zurückgezogenen Khoisan. Und eine Begegnung mit Kindheitserinnerungen. Denn in einem kleinen Township südlich von Johannesburg bekam Pops Mohamed als kleiner Junge erstmals traditionelle afrikanische Instrumente zu Gehör, darunter die Maultrommel der Kalahari-Buschmänner.
Mit dieser Maultrommel und anderen afrikanischen Instrumenten wie Mbira und Kora versehen, spielte Pops Mohamed im Anschluß an die Expedition in London das traumwandlerische „How far have we come“ ein, eine musikalische Hommage an die Khoisan-Buschmänner. Die Feldaufnahmen wurden dort noch einmal mit Overdubs überarbeitet, eigene Kompositionen mit entspanntem Jazz-Groove und hüpfenden Township-Shuffles vermengt. So ist das Ergebnis weniger Dokumentation als kunstvolles Konzeptalbum, Doku-Pop sozusagen, und Souvenir einer im Verschwinden begriffenen Welt.
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