: Keine Einigung in Sicht
■ Vor der Bundestagssitzung weiter Streit zwischen SPD und Koalition
Bonn (afp) – Stillstand zwischen SPD und Koalition vor der heutigen Sondersitzung des Bundestags zur Steuer- und Rentenreform. Die SPD forderte Union und FDP gestern in Bonn auf, ihrem Vorschlag zu einer Absenkung der Sozialabgaben um zwei Prozentpunkte von Oktober an zuzustimmen. SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering erklärte, diese Maßnahme, die der Vermittlungsausschuß vorige Woche mit der Mehrheit von SPD und Grünen beschlossen hatte, dürfe nicht blockiert werden. Wenn CDU/ CSU und FDP dieser Sofortmaßnahme zur Schaffung neuer Arbeitsplätze aus parteitaktischen Gründen zurückwiesen, fielen alle Blockadevorwürfe allein auf die Regierung zurück. Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble (CDU) hatte vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um die Rentenbeiträge 1998 senken zu können und die Rentenreform um ein Jahr vorzuziehen.
Die Bundesregierung will den Bundeszuschuß zur Rentenversicherung um 15 Milliarden Mark erhöhen und dies mit einer Mehrwertsteueranhebung um einen Punkt von 15 auf 16 Prozent finanzieren. Weil die Mehrwertsteuer Bund und Ländern zusteht, ist die Zustimmung des Bundesrats nötig. Der entsprechende Koalitionsantrag war vorige Woche im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Länderkammer gescheitert. Umstritten ist die Verwendung des höheren Bundeszuschusses. SPD- Fraktionsvize Rudolf Dreßler kritisierte, die Koalition suche Mithelfer zur Finanzierung der Kindererziehungszeiten, die ein Defizit von 15 Milliarden Mark in der Rentenkasse verursachen werde. Eine Mehrwertsteueranhebung werde nur akzeptiert, wenn die Rentenbeiträge auf Dauer durch die Herausnahme versicherungsfremder Leistungen gesenkt werden könnten. SPD und Grüne verlangen auch die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge um einen Prozentpunkt und die Anhebung der Mineralölsteuer.
Die SPD will die Erdgassteuer um 69,4 Prozent heraufsetzen. Das Heizgas soll dann 6,1 Pfennig statt bisher 3,6 Pfennig je zehn Kilowattstunden kosten. Das geht aus den von der SPD zur Finanzierung von Lohnnebenkostensenkungen geplanten Änderungen des Mineralölsteuergesetzes hervor.
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