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Senat plant am Spreedreieck

■ Bausenator will Planung auf Gelände hinter dem Bahnhof Friedrichstraße ohne Bezirk Mitte durchziehen. 30 Meter hoher Block statt Grünfläche vorgesehen

Der Senat will die Bebauung eines der geschichtsträchtigsten Filetgrundstücke in der Stadtmitte in eigener Regie durchführen. Auf Vorlage von Bau- und Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) hat gestern das Land die Planung für das „Spreedreieck“ – das Gelände zwischen Bahnhof Friedrichstraße, dem Spreeufer und der Friedrichstraße – an sich gezogen. Die Entscheidung des Senats kommt praktisch einer Entmachtung des Bezirks Mitte gleich, der dort normalerweise für die planungsrechtlichen Voraussetzungen zuständig wäre. Auf der Brachfläche hinter dem Tränenpalast soll ein Büro- und Dienstleistungsgebäude entstehen.

Die Vorlage begründete Petra Reetz, Sprecherin der Bauverwaltung, „mit der außergewöhnlichen stadtpolitischen Bedeutung“ des Areals. Das Grundstück hinter dem Bahnhof Friedrichstraße gehöre zu den „wichtigen Standorten vor Ort“, die im Rahmen der Entwicklung der Friedrichstraße bebaut werden sollten. Die Senatsverwaltung für Bauen beabsichtige nach der Zustimmung des Abgeordnetenhauses, für das Spreedreieck einen Bebauungsplan aufzustellen. Der denkmalgeschützte Tränenpalast werde nicht bedroht, sagte Reetz.

In der Vergangenheit hatte das Land schon mehrfach zur Durchsetzung der eigenen Interessen Bezirke außen vor gelassen. Jüngstes Beispiel war der Streit um die Bebauung des Wielandstraßen-Parkplatzes in Charlottenburg.

Hintergrund der Klemann-Aktion sind gänzlich unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft des Spreedreiecks zwischen Land und Bezirk. Grundlage der Planung soll der Entwurf des Büros Nalbach & Nalbach bleiben, das eine hohe Ausnutzung des Geländes vorsieht. Die Architekten hatten dafür einen dreieckigen Block mit einer Gesamthöhe von 30 Metern vorgeschlagen. Der Entwurf, daran erinnerte der mit dem Projekt befaßte Mitarbeiter in der Bauverwaltung, Hoffmann, sei aus dem städtebaulichen Wettbewerb für das Areal rund um den Bahnhof Friedrichstraße hervorgegangen. Investoren konnten noch nicht gefunden werden, so Hoffmann, weil die planungsrechtlichen Unsicherheiten und die bezirklichen Absichten diese abgeschreckt hätten.

Statt eines Bebauungskonzepts mit Gewerbenutzungen will der Bezirk eine Grünanlage samt Dampferanlegestelle. Eine Stellungnahme des Bezirks Mitte war gestern nicht zu erhalten.

Für eine Bebauung des Spreedreiecks gibt es seit über 75 Jahren Pläne, die immer wieder – sei es aus finanziellen, sei es aus städtebaulichen Gründen – verworfen wurden. Den spektakulärsten Entwurf lieferte 1921/22 Mies van der Rohe, der auf dem begehrten Grundstück das erste gläserne Hochhaus der Stadt realisieren wollte. Der Plan konnte allerdings nicht umgesetzt werden, da die Investoren Pleite machten. Rolf Lautenschläger

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