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Herr zu Putbus verliert

■ Verwaltungsgericht Greifswald weist Klage des Alteigners Franz zu Putbus ab

Berlin (taz) –Die gute Nachricht zuerst: Er hat verloren. Gestern wies das Verwaltungsgericht Greifswald die Klage von Franz zu Putbus ab. 15.000 Hektar Wald und Wiesen, dazu Schlösser und Gutshäuser auf Rügen werden dem Alteigner nicht rückerstattet. Jetzt die schlechte Nachricht: Putbus wird weiterklagen. Der Erbe der letzten Fürstenfamilie auf der Ostseeinsel, der gern auf seinen Beinamen „Herr zu Putbus“ verweist, kündigte an, bis vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Keine Entwarnung also im Streit um fragwürdige Immobiliengeschäfte.

Was dem Kläger gestern gefehlt hat, war ein kleines Stück Papier. Da hätte draufstehen müssen, daß sein Vater Malte zu Putbus 1944 von den Nationalsozialisten enteignet wurde. Das nämlich ist Bedingung für die Rückgabe von Alteigentum in den neuen Ländern. Einen Beweis für Beschlagnahmung durch die Schergen des Dritten Reiches aber haben Putbus' Fürsprecher nirgendwo auftreiben können. Unbestritten blieb so nur die Tatsache, daß der Vater des Klägers 1945 im KZ Sachsenhausen ums Leben kam.

Ob Kontakte zu Widerstandskreisen ihn dorthin gebracht haben oder persönliche Querelen mit der NSDAP, bleibt im dunkeln. Putbus' Anwälte wollen weiterforschen. In Moskau, so kündigten sie schon während des Prozesses an, lägen die Akten der Stettiner Gestapo. Aus ihnen könne hervorgehen, daß die Ländereien nicht während der sowjetischen Bodenreform an Landarbeiter verteilt wurden, sondern daß die Äcker noch vor Kriegsende ans Dritte Reich gefallen seien. Die Zeugen, die diese Behauptung stützten, hielt Richterin Meike Hirtschulz offenbar für weniger überzeugend als 25 Verkaufsurkunden, die kürzlich aufgetaucht sind. Aus ihnen geht hervor, daß ein Bevollmächtigter der Füstenfamilie noch nach Kriegsende Grundstücke aus dem Großgrundbesitz verkaufte. Das Geld, das er dafür kassierte, überwies der Finanzbeamte getreulich an seine alten Herrschaften: an die fürstliche Erbengemeinschaft.

Was geerbt wird, kann zuvor nicht beschlagnahmt worden sein. Daß die Richterin eine Revision des Falles ablehnte, hält die Kläger nicht davon ab, die nächste Instanz anzurufen. Die Muttland-GmbH, an die Putbus seine Rechte abgetreten hat, kassiert inzwischen auf Rügen ab. In rund 130 Fällen hat die Firma des Alteigners sich den Verzicht auf ihre Klagen schon bezahlen lassen. Das Geschäft geht weiter. Auch wenn der Alteigner bei nächstenmal wieder verliert. Constanze v. Bullion

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