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■ QuerspalteUns geht's noch viel zu gut

Die Deutschen sind ein Volk von Leidenden. Die Brandenburger leiden unter der Flut und den Truppenbewegungen. Die Bayern durchleiden einen kalten Sommer. Die Hamburger leiden unter ihrer spröden Art, die Sachsen unter ihrem Dialekt. Und die Bremer haben eh eine Sinnkrise, zerbröckelt ihnen doch die Lebensgrundlage auf den Werften. Deutschland einig Jammertal.

Nölig und nörgelnd, so kennen wir unsere Mitbürger. Linderung schafft nur die Flucht in fremde Welten. Doch Wandern in Nepal, Bier nach Feierabend oder Bungee-Springen am Wochenende können nicht darüber hinwegtäuschen: Jedem Rausch folgt die brutale Ernüchterung. Dabei verdrängen die Deutschen das einzig wahre Problem: Ihre Existenz ist bedroht, allem voran ihr Arbeitsplatz. Das wissen jedoch die meisten gar nicht, teilen die Wirtschaftsjunioren Deutschlands mit. „Der Leidensdruck ist offensichtlich noch nicht stark genug“, findet die Jugendgruppe des Deutschen Industrie- und Handelstages. 60 Prozent der Deutschen gingen immer noch davon aus, daß ihr Arbeitsplatz sicher sei. Eine wahrlich absurde Vorstellung angesichts der jüngsten Arbeitslosenzahlen. Die psychisch angeknackste Nation verdrängt also wieder einmal, die Volksseele projiziert Ängste bekanntermaßen lieber auf das Fremde.

Die Deutschen müssen umdenken. Für sie wäre eine realistische Auseinandersetzung mit dem finsteren Zustand der deutschen Wirtschaft therapeutisch äußerst sinnvoll. Pessimismus und Angst um den Job täten der Wirtschaft sehr gut, finden die DIHT-Youngsters. Denn wer Angst hat, strengt sich an und steigert die Produktivität. Wer pessimistisch ist, nimmt auch gekürzte Sozialleistungen und niedrigere Löhne hin. Der läßt sich auch global versetzen, obwohl er am heimischen Brauchtum hängt. Damit es wieder aufwärts geht mit Deutschland, muß es zusammenbrechen. Für die reinigende Kraft durch Katharsis zettelten Männer früher Kriege an. Heute reicht die Standortverlagerung. Ulrike Fokken

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