piwik no script img

„Die Abriegelung stärkt nur die palästinensischen Extremisten“

■ Jossi Sarid, Vorsitzender der Meretz-Partei, zu den Sanktionen der Regierung Netanjahu und über die Mission von Dennis Ross

Meretz war unter Rabin und Peres mit in der Regierung. Die Partei tritt für einen palästinensischen Staat neben Israel ein. Sarid besuchte Arafat vergangene Woche demonstrativ in Gaza.

taz: Halten Sie die Absperrung und die Sanktionen der israelischen Regierung für gerechtfertigt?

Jossi Sarid: Wir sind gegen die Abriegelung der palästinensischen Gebiete. Und auch die Entscheidung, der palästinensischen Autonomiebehörde die ihr zustehenden Zahlungen zu verweigern, lehnen wir ab. Dies stärkt unserer Ansicht nach nur die Extremisten auf palästinensischer Seite, insbesondere Hamas und Dschihad al-islami. Wir sollten statt dessen die Gemäßigten bei den Palästinensern unterstützen. Es ist ein schwerer Fehler, daß die Regierung das nicht macht. Denn es gibt keine Alternative zum Friedensprozeß und den Vereinbarungen von Oslo.

Die israelische Regierung fordert einen „hundertprozentigen Einsatz gegen den Terror“. Was hat Arafat versäumt?

Es geht nicht um die hundert Prozent. Viel wichtiger ist, daß die Öffentlichkeit in Israel den Eindruck bekommt, daß Arafat gegen den Terror vorgeht. Die Israelis müssen überzeugt sein, daß Arafat sein Bestes tut, um den Terror zu beenden. Es gibt eine Reihe von Leuten, die sehr aktiv sind, deren Namen und Adressen wir haben. Arafat sollte diese Leute verhaften und nicht nach 14 Tagen wieder freilassen. Es ist allerdings eine Illusion der Regierung zu glauben, daß man die Sicherheitsfrage vom politischen Prozeß abkoppeln kann. Beide beruhen auf gegenseitigem Vertrauen. Man kann den politischen Prozeß nicht in die Sackgasse führen und dann nur Sicherheitsfragen behandeln wollen.

Aber beim derzeitigen Ross-Besuch gibt es doch auch nur ein Thema. Und das heißt Sicherheit.

Ich glaube nicht, daß Ross ausschließlich die Sicherheitsfrage anspricht und nicht auch den politischen Prozeß. Ich kenne Ross persönlich. Er ist ein sehr cleverer, erfahrener Diplomat und eine sehr vernünftige Person.

Aber die Palästinenser haben doch schon einmal seine Ablösung verlangt.

Ross hat nicht immer genug Druck ausgeübt auf beide Seiten. Er war einfach zu sehr Gentleman. Und man muß ja auch zugeben, daß es eine fast unmögliche diplomatische Mission ist. Generell aber haben die USA in anderen Gegenden der Welt bewiesen, daß sie Lösungen durchsetzen können. Ich hoffe sehr, daß sie das hier auch tun werden.

Glauben Sie denn, daß US-Außenministerin Albright Ende des Monats in die Region kommt?

Ja. Dieser Besuch ist sehr dringend und sehr wichtig. Ohne ihre Vorschläge und ohne ihr Eingreifen kann der Friedensprozeß nicht wieder in Gang gesetzt werden.

Welche Maßnahmen sind denn dazu notwendig?

Die Formel hierfür ist sehr einfach: Es sollte eine besondere Anstrengung von Seiten Arafats geben, um den Terrorismus zu bekämpfen. Alle einseitigen Schritte der israelischen Regierung sollten unterbleiben, auch was die Lage in Ost-Jerusalem betrifft. Es darf keine Ausweitung und keinen Neubau von Siedlungen mehr geben. Nur so wird man den Friedensprozeß wiederbeleben können. Ich sage wiederbeleben, denn praktisch ist er derzeit tot.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen