: Menschliche Härte gegen Ex-Dealer
■ Der Libanese Aladin M., Vater von vier kleinen Kindern, soll erneut abgeschoben werden / Seine staatenlose Ehefrau ist verzweifelt / Ausländeramt will keine Gnade für Straftäter
Aladin M. ist bei Polizei und Staatsanwaltschaft kein unbeschriebenes Blatt. Die drastischen Folgen verschiedener Drogendelikte, die nicht alle zur Anklage kamen, werden der libanesische Staatsbürger M. und seine ganze Familie jetzt möglicherweise ausbaden müssen. Der junge Familienvater soll erneut abgeschoben werden. Seit sechs Wochen sitzt der 33jährige jetzt in Abschiebehaft, nachdem die Polizei den wenige Monate zuvor aus Bremen Abgeschobenen kurz nach seiner illegalen Rückkehr stellte.
Heute kommt Aladin M. in die Psychiatrie. Schon vor Wochen hatte er gegenüber der taz gesagt: „Ich halte das hier in Abschiebehaft nicht mehr lange aus.“Der Leiter der Bremer Ausländerbehörde, Dieter Trappmann, bestätigt, daß deshalb ein psychiatrischer Gutachter eingeschaltet wurde. „Man befürchtet entweder einen Selbstmordversuch oder eine gewalttätige Explosion“, sagt auch Aladin M.'s Anwalt.
Was Aladin M. „nicht aushält“, ist die Trennung von der Familie; von der 25jährigen Ehefrau, dem Sohn und den drei Töchtern, von denen die älteste fünf Jahre alt ist – und die jüngste nur wenige Monate zählt. „Eigentlich hatten die Ärzte vorausgesagt, daß sie nicht durchkommt“, berichtet die Tante der Kleinsten an Stelle der – staatenlosen – Mutter, die kaum deutsch spricht. Doch das Baby habe zwei schwere Operationen einigermaßen erfolgreich überlebt. Jetzt springe sie selbst, die Tante, trotz eigenem Kind, immer wieder ein, um auf die Kleinen ihrer Schwester aufzupassen: Wenn sie zum Sozialamt muß, wenn sie den Mann im Oslebshauser Abschiebegewahrsam besucht – und wenn sie beim kranken Baby ist.
„Meine Schwester ist völlig fertig“, sagt Maha M. Schon deren Risikoschwangerschaft sei außerordentlich schwer gewesen. Aladin M. war drei Monate vor dem regulären Geburtstermin seines vierten Kindes abgeschoben worden. Das Baby wurde einen Monat verfrüht schwerstkrank auf die Welt geholt. „Die Frau braucht nur den Mann“, sagt Maha M. „Deshalb mußte Aladin zurück nach Deutschland kommen.“
Durfte er aber nicht – das ist die Position des Ausländeramtes. Dort bezieht man sich nicht nur auf die mehrjährige Haftstrafe, die Aladin M. vor Jahren wegen eines Drogendeliktes absaß. Man führt auch eine „lange Latte von BTM-Vergehen“an, die teilweise noch nicht abgeschlossen seien. Aladin M. beteuert: „Seit ich verheiratet bin, habe ich sowas nicht mehr gemacht. Früher war das anders, aber dafür habe ich doch gesessen.“
Die jüngste Anzeige gegen Aladin M. wegen eines Drogendeliktes datiert vom Dezember letzten Jahres. Ob der Vorwurf nachweisbar ist, ist in der Staatsanwaltschaft umstritten. Aladin M.'s Anwalt sagt dazu: Nach meinen Erkenntnissen war mein Mandant zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder in Deutschland.“
Daß der Fall von Aladin M. menschliche Härten birgt, gibt Ausländeramtsleiter Trappmann, zu. Dennoch sei die Ausweisung wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zwingend vorgesehen. Einen Ermessensspielraum zu nutzen, sei deswegen nicht vorgesehen. „Ob die Familie mitkommt, ist seine Sache“, sagt Trappmann. Allenfalls könne man die mögliche Wiedereinreise Aladin M.'s befristen, sobald dieser ausgereist sei. Die staatenlose kurdische Ehefrau kann nicht abgeschoben werden. ede
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