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Keine Plutonium-Sonden

■ Kampagne gegen Cassini: Durch Plutoniumbatterien droht ein Desaster

Berlin (taz) – 10.000 Bundesbürger fordern von US-Präsident Bill Clinton, die Nasa-Saturn- Sonde Cassini zu stoppen. Sie unterschrieben einen Protestbrief, den die deutsche Anti-Cassini- Kampagne ins Weiße Haus geschickt hat. Der Grund: Die Saturn-Sonde wird durch Plutoniumbatterien mit Strom versorgt. Gleich 23 Kilo des hochgiftigen Materials wird Cassini an Bord haben. Bei einem Unfall könnte das Material in der Erdatmosphäre verdampfen. Nach Einschätzung des Darmstädter Kernphysikers Martin Kalinowski könnte das ähnlich verheerende Folgen haben wie bei der Kernschmelze in Tschernobyl (taz vom 13. Mai 97).

Gestern übergab die Protestgruppe eine Kopie des Schreibens ans Darmstädter ESOC, die Raumkontrolle der Europäischen Raumfahrt Agentur (ESA). Die ist mit der Landefähre Huygens an dem Projekt beteiligt. Die ESA solle jede Beteiligung an Raummissionen einstellen, bei denen Batterien mit Plutonium-238 verwendet werden. Dies ist bei Missionen im tiefen All üblich, weil dort die Sonne für herkömmliche Sonnensegel zu schwach ist. Für ihre eigene Mission zum Kometen Virtanen hat die ESA jedoch neuartige Solarzellen entwickeln lassen, die auch jenseits vom Mars genug Strom liefern.

Heute will die Anti-Cassini- Kampagne auch Forschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) aufsuchen, um ihn für die Kampagne zu gewinnen. Der Start von Cassini ist für den 6. Oktober von Cape Canevaral geplant. Zwei Tage vorher wollen die Cassini-Gegner in Darmstadt um fünf vor zwölf vor der ESOC protestieren.

Doch vielleicht muß die Nasa ihren Flug unfreiwillig verzögern: Bei einem Testlauf der Rakete vergangene Woche entdeckten die Nasa-Techniker ein Leck im Treibstofftank. Wenn diese Panne den Start länger als einen Monat verzögert, ist der günstige Zeitkorridor für die Mission verpaßt. Der Start würde sich um Jahre verschieben. Matthias Urbach

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