: Ein Tanz um das grüne Kalb
■ Umfrage-Reaktionen: GAL sieht „qualitativen Durchbruch“ für Rot-Grün / Von Beust: Nachdenken über Schwarz-Grün kommt an Von Silke Mertins
Ausgerechnet am Tag seines Triumphes ist CDU-Chef Ole von Beust auf Urlaub. Laut gestern bekannt gewordener FORSA-Umfrage überholte nämlich seine Partei mit 34 Prozent Wählersympathien die SPD, die derzeit bei kläglichen 33 Prozent herumdümpelt. Über seinen Pressesprecher Gert Boysen ließ von Beust aber durchblicken, daß er die Umfrage-Ergebnisse auch als persönlichen Sieg feiert. „Akzeptiert wird unserer Versuch, künstliche Barrieren einzureißen.“ Soll heißen: mit der Option Schwarz-Grün zu liebäugeln kommt er an. Noch am Montag wurde von Beust auf dem kleinen CDU-Parteitag vom konservativen Flügel arg gescholten. Inzwischen findet es auch Schwarz-Grün-Kritiker Karl-Heinz Ehlers „schön“. daß „Berührungsängste“ und „Denkblockaden“ bei der CDU wegfallen. „Ich habe nur davor gewarnt, der GAL nachzulaufen“, sagte der CDUler gestern zur taz.
Die GAL kann sich indes behaglich zurücklehnen und mit Muße das Gerangel der großen Parteien betrachten: nicht nur würden 25 Prozent Grün wählen, wenn kommenden Sonntag Bürgerschaftswahlen wären. Auch Bürgermeister Henning Voscherau signalisierte letzten Mittwoch vor dem CDU-Wirtschaftsrat zartes Interesse für Rot-Grün –97. Von den Volksparteien beidseitig beschmust, frohlockt GAL-Fraktionsvorsitzende Willfried Maier: „Man hat's gern, so geliebt zu werden.“
„Die Debatte um Schwarz-Grün tut uns gut“, weiß der GAL-Chef. „Kein Mensch kann mehr das Gespenst Rot-Grün beschwören.“ Die CDU würde mit ihrem Nachdenken über Schwarz-Grün nicht nur neue Wählerschichten für die GAL erschließen, sondern auch die zukünftige Verhandlungslage gegenüber der SPD verbessern.
Der „qualitative Durchbruch“ ist gelungen, so Maier. Spätestens seit den Wahlerfolgen in NRW und Bremen sei klar, daß „sich der Charakter der Republik verändert hat“.
Die Statt Partei ist unterdessen ziemlich verschnupft über des Bürgermeisters Prognose, daß die Statt Partei nicht mehr zu retten und in der nächsten Bürgerschaft nicht mehr vertreten sein wird. Nach wie vor liegen die selbsternannten „Querdenker“ bei nur noch zwei Prozent WählerInnensympathien, bestätigte auch die FORSA-Umfrage. Henning Voscherau und seine SPD sollen sich „an die eigene Nase fassen“, pressemittelte die Statt Partei säuerlich.
„Ich sehe das noch nicht so kompliziert“, gibt sich Statt Partei-Gründer Markus Wegner unbesorgt. Auch 1993 hätten sie nach den Umfragen keine Chance gehabt. Wegners Rezept zur Rettung der Partei: „Wir müssen uns selbst Feuer unterm Hintern machen und der SPD auf die Füße treten.“
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