: Schröder läßt Muskeln für Ostförderung spielen
■ Niedersachsens Ministerpräsident Schröder kündigt Blockade im Bundesrat an, sollte Bonn Solidaritätszuschlag und Ostförderung absenken. Kanzler wiegelt ab
Berlin (dpa) – Der mögliche SPD-Kanzlerkandidat, Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder macht sich für die Ostförderung stark. Der Bundesrat werde die von der Bonner Koalition geplante Absenkung des Solidaritätszuschlages blockieren, sollte die Bundesregierung die Mittel für die Investitionsförderung in den neuen Ländern beschränken, so Schröder in der heutigen Ausgabe der Leipziger Volkszeitung. Man könne nicht den Soli senken und gleichzeitig die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe Ost kürzen. Führende Politiker der fünf neuen Bundesländer haben am Wochenende noch einmal eindringlich vor den Folgen einer Kürzung der Finanztransfers in den Osten gewarnt. In Ostdeutschland gingen dadurch 9.000 bis 10.000 Arbeitsplätze verloren, sagte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner (SPD).
Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) kündigte unterdessen eine „vernünftige Lösung“ an. In einem ZDF-Interview sagte er gestern, dieses Jahr stünden keine Kürzungen an. Was im nächsten Jahr geschehe, müsse in der Haushaltsdebatte noch einmal beraten werden. So werde noch einmal konkret über die Förderung von Industrieansiedlungen nachgedacht.
Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) plant, die für 1997 im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur zur Verfügung stehenden Barmittel um 500 Millionen Mark zu kürzen. 1998 sollten weitere 209 Millionen Mark weniger bereitstehen. Nach den Worten Höppners zeigen die Kürzungen, „daß man im Westen überhaupt keine Ahnung davon hat, wie die wirtschaftliche Situation hier wirklich ist“. Brandenburgs Wirtschaftsminister Burkhard Dreher (SPD) befürchtet einen „Rückschlag für den Aufbau Ost und ein äußerst negatives Signal an die Investoren“, wenn man sich nicht über die Förderung einige. Der sächsische Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Vehse (CDU) erklärte, die Einsparungen seien für sein Land „nicht möglich“. Sachsen bestehe darauf, die geplanten Bonner Kürzungen zurückzunehmen. Mecklenburg- Vorpommerns Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) warnte für den Fall einer Nichteinigung vor einem „knallharten Dissens“ zwischen Bund und den neuen Ländern. Schwerins Ministerpräsident Berndt Seite (CDU) forderte „eine weitere Förderung auf hohem Niveau“. Scharfe Kritik äußerten Ostvertreter auch an dem Vorwurf aus Bonn, ihre Länder hätten sich bei der Verwendung der Fördermittel rechtswidrig verhalten. „Der massive Versuch des Finanzministeriums, die neuen Länder ins Unrecht zu setzen, belastet die Suche nach einem Kompromiß schwer“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Dreher.
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