: Warum verließ der Handyman die DAG?
■ Bei der DAG-Gewerkschaft stimmte die Kasse nicht / Fresel vertelefonierte über 4.000 Mark mit seinem Handy und verantwortete Haushaltsüberschreitungen in fünfstelliger Höhe
Als Hartmut Frensel im April seinen Chefsessel bei der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) räumte, sagte er leise Servus. Aus Altersgründen wolle er die Gewerkschaft verlassen, antwortete der Bezirksleiter ausweichend. Auch was seine beruflichen Pläne anging, gab sich Frensel, der dreizehneinhalb Jahre bei der DAG gearbeitet hat, wortkarg: Dem „künftigen Arbeitgeber zuliebe“wollte er lieber den Mund halten. Damit, daß er beim Bremer Gebäudemanagement, einer Tochterfirma der Stadtwerke, einen Vertrag als Prokurist unterschrieben hatte, rückte er erst Wochen später heraus.
Frensels Verschwiegenheit hatte offenbar einen Grund: Dem Vernehmen nach mußte er gehen, weil die Kasse nicht stimmte. Das ergibt sich auch aus einem vertraulichen Bericht der DAG-Hamburg über die Finanzrevision, der der taz jetzt vorliegt. 21.000 Mark hat die DAG Bremen im Jahr 1996 mehr ausgegeben als vorgesehen - und zwar ohne daß die Einnahmen der Gewerkschaft gestiegen wären. Ein Antrag auf Genehmigung der Haushaltsüberschreitung lag dem Bundesvorstand nicht vor. Ein klarer Verstoß gegen die Satzung der DAG. Die Finanzprüfer weigerten sich, die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses zu bestätigen.
Allein die Werbung und Repräsentation der Gewerkschaft schlug mit rund 26.700 Mark zu Buche und kostete 13.000 Mark mehr als geplant. Darüber hinaus hat der Bezirk Bremen rund 21.000 Mark für Information und Betreuung ausgegeben, obwohl sich der Voranschlag auf 13.500 Mark belief. 4.300 Mark vertelefonierte Frensel auf seinem Handy. „Angesichts der Finanzlage des Bezirks sind derartige Aufwendungen in dieser Höhe nicht zu verantworten“, rügten die Hamburger Finanzprüfer den Bremer Bezirksleiter. Und auch eine kleine Schummelei in der Bilanz blieb ihnen nicht verborgen: In der Abrechnung für Dezember 1996 glänzte die DAG mit einer Forderung in Höhe von rund 50.000 Mark, die die Gewerkschaft angeblich noch zu kriegen hätte. Das Landgericht hatte die Klage gegen den Schuldner allerdings zu diesem Zeitpunkt schon lange zurückgewiesen. Für diese Art der Buchführung fanden die Prüfer deutliche Worte: „Die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses wird nicht bestätigt. Eine Berichtigung der Bilanz ist unverzüglich vorzunehmen.“
Schon im Januar, als der vorläufige Jahresabschluß vorlag, bat das Hamburger Finanz-Ressort der DAG den Bezirksleiter Frensel „dringend“um eine Erläuterung. Frensel erklärte daraufhin, daß der Bezirk Bremen „seine gewerkschaftspolitische Arbeit in einem äußerst strukturschwachen Bundesland mit sehr hoher Arbeitslosigkeit“verrichten müsse. Um dem Mitgliederschwund (die DAG hat derzeit etwa 8.000 Mitglieder) entgegenzuwirken, habe er mehr Geld in die Werbung stecken müssen. Die Kosten für sein Handy bezahlte er rückwirkend aus eigener Tasche.
Doch das genügte den Gewerkschaftschefs offenbar nicht. Frensel soll nach Hannover zitiert worden sein. Dort legte man dem Bezirksleiter angeblich nahe, den Job zu wechseln.
„Davon weiß ich nichts“, winkt Frensel ab. „Es gibt einen Revisionsbericht, der mir bescheinigt, daß ich meine Geschäfte ordnungsgemäß und sachgerecht abgewickelt habe.“Zu den Zahlen des Revisionsberichts will er sich nicht äußern. „Da müssen Sie die fragen, die jetzt diese Schlammschlacht beginnen und die im Sommer nichts besseres zu tun haben als ihnen so etwas zu erzählen. Das ist nichts weiter als übel nachgetreten.“Außerdem seien die Beträge, die der Revisionsbericht moniere, im Vergleich zu den Umsätzen der DAG „Peanuts“.
Sein Nachfolger, Werner Klimm, schlägt in die gleiche Kerbe. „Frensel hat selbst gekündigt.“Daß es unter seinem Management zu den aufgezählten Haushaltsüberschreitungen gekommen ist, streitet Klimm allerdings nicht ab. „Aber es war ja das erste Mal.“Inzwischen habe sich die DAG Bremen finanziell wieder erholt. Der Kassensturz zum 31. Juli 1997 weise ein Plus von rund 20.000 Mark aus. Kerstin Schneider
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen