piwik no script img

Hoechst fragwürdiges Joint-venture

Der Chemiekonzern ermöglicht einer indonesischen Holding den Einstieg ins Portugal-Geschäft. Die Menschenrechtsverletzungen in Ost-Timor waren bei dem Deal kein Thema  ■ Aus Lissabon Theo Pischke

Für den deutschen Chemiekonzern Hoechst ist es bloß ein gutes Geschäft. In der portugiesischen Öffentlichkeit hat der Vorgang dagegen große Entrüstung ausgelöst. Denn durch einen Deal mit Hoechst ist es einem indonesischen Chemieriesen gelungen, in Portugal Fuß zu fassen.

Wegen der indonesischen Besetzung seiner einstigen Kolonie Ost-Timor und der andauernden Menschenrechtsverletzungen dort unterhält Portugal zu Indonesien keine diplomatischen Beziehungen und Handelskontakte.

Dessen ungeachtet hat Hoechst 60 Prozent der Anteile an seiner Polyester-Fabrik in der ostportugiesischen Stadt Portalegre an die indonesische Holding Multikarsa Investments verkauft. Der Multikarsa-Chef Mainutu Finavasan hat nach portugiesischen Rundfunkberichten auch direkte Geschäftsverbindungen nach Ost-Timor. Seine Geschäftspartnerin dabei ist eine Tochter des indonesischen Diktators Suharto.

Hoechst ist der weltweit größte Hersteller von Polyester. In einem Joint-venture werden Hoechst und Multikarsa die Firma in Portalegre künftig gemeinsam betreiben. Hoechst unterhält seit langem ein weltweit verzweigtes Beteiligungsnetz und hat sich durch eine geschickte Firmenpolitik erheblichen Einfluß auf vielen Märkten gesichert. In Portugal betätigt sich nun umgekehrt der Konzern als „Türöffner“ für Multikarsa.

Der Vertreter der osttimoresischen Widerstandsbewegung in Lissabon, Roque Rodrigues, bedauerte, daß Indonesien mit Hilfe von Hoechst in Portugal Geschäfte machen kann und forderte die portugiesische Regierung auf, dagegen vorzugehen.

Der Geschäftsführer der Hoechst-Firma in Portalegre, Ludger Hegemann, bestätigte zwar Kontakte mit portugiesischen Regierungsstellen, ließ gegenüber der taz jedoch durchblicken, daß an einen Rückzieher seines Unternehmens nicht gedacht sei. Hegemann bedauerte die „hochemotionale“ Diskussion des Themas. Im Vorfeld des Deals habe er die Hoechst- Zentrale zwar auf das „politische Problem angesprochen“. Er fühle sich jedoch gut bei dem Geschäft. Bei der weltweiten Konzentration in der Polyesterherstellung sei ein starker Partner inzwischen eine „Überlebensfrage“.

Hoechst habe sich für Multikarsa entschieden, weil die indonesische Holding „sehr umfangreich in Europa investiert“ und damit bewiesen habe, sich auf dem europäischen Markt engagieren zu wollen. Hegemann bezeichnete die Firma in Portalegre, in Europas ärmster Region Alentejo, als „hochgesund“. 1996 habe die Firma einen Nettoumsatz von 80 Millionen Mark gemacht, für 1997 rechnet Hegemann sogar mit 100 Millionen Mark. Die Fabrik produziere „sehr kostengünstig“, und die 242 Beschäftigten seien „sehr kooperativ“. Der Betriebsratsvorsitzende José Damiao hat denn auch gegen den neuen indonesischen Mitbesitzer nichts einzuwenden: „An erster Stelle kommen unsere Arbeitsplätze.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen