„Hätte doch jeder gemacht“

■ Familie will Juhnke „vor sich selbst und Journalisten“ schützen – Sat.1 soll 500.000 Mark Ordnungsgeld zahlen

Der Tag geht, und Kay Lottermoser kommt. „Mein Name ist Lottermoser von Sat.1“, sagte Kay Lottermoser, und Harald Juhnke, auch sturzbetrunken ganz Medienprofi, hatte dem wenig entgegenzusetzen. „Ja, dann müssen wir erstmal sehen, wie wir das hier aufkriegen“, lallte er und öffnete das Gartentor.

Der „große Entertainer“, wie ihn Sat.1 in der Sendung „Blitz“ am Mittwochabend immer wieder nannte, hatte zuvor noch versucht, die Ausstrahlung des Interviews zu verhindern. Sein Manager Peter Wolf: „Juhnke ist krank, der Mann ist total wehrlos.“ Doch trotz einer Einstweiligen Anordnung des Landgerichts Hamburg sendete Sat.1 die Aufzeichnung mit dem Hinweis, die Akte sei nicht zugestellt worden. Unternehmenssprecherin Kristina Faßler sagte, die Verfügung sei zwar eingetroffen, aber juristisch „nicht wirksam zugestellt“ gewesen, als die Sendung „Blitz“ um 18 Uhr begann. Dem widersprach Agent Wolf: „Völlig skrupellos setzen sie sich über eine Gerichtsentscheidung hinweg und riskieren sogar 500.000 Mark Ordnungsgeld.“ Nie mehr werde Juhnke mit Sat.1 zusammenarbeiten. Inzwischen hat Juhnkes Familie das Haus unter Wachschutz stellen lassen, um „Herrn Juhnke vor sich selbst zu schützen und vor sensationslüsternen Journalisten“.

Die ließen den geduldigen Juhnke-Fan ganz schön zappeln. Erst nach unerlaubter Organentnahme („Helmut N. ist völlig ausgenommen“), dem Krebskind Olivia und 4 nackten Brüsten zeigte „Blitz“ die Aufzeichnung der „Pressekonferenz“ (Bild). Nur mit einer Jacke über dem nackten Oberkörper bekleidet, einer angebrochenen Flasche Wein in der Hand und Schnittwunden von seinem jüngsten Suff-Unfall im Gesicht, gab der augenscheinlich Betrunkene Altbekanntes zum Besten: „Ich bin eben so, wie ich bin.“ In einem späteren Gespräch mit RTL gab er sich zerknirschter: „Niemand hat mich lieb“ und „Ich bin bald tot.“ Seine Frau bezeichnete er als „eiskalte Person“.

Bei Sat.1 ist man sich keiner Schuld bewußt. Hätte man den entstellten, wehrlosen Juhnke nicht verschonen sollen? „Hättest du's nicht gemacht?“ lautet die lapidare Antwort aus der „Blitz“-Redaktion. Und scheinheilig wünschte „Blitz“-Moderatorin Monica Lierhaus „... und das meinen wir aufrichtig – Harald Juhnke alles Gute“. Kein abgestürzter Alkoholiker war da zu sehen und trotzdem war es die abstoßendste Szene der ganzen Sendung. Stefan Kuzmany