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Gegen Schuhkarton-Kultur

■ Gewerbebauten für Logistik-Firmen oder Speditionen müssen nicht 08/15-Kästen aus dem Katalog sein. Am Reedeich steht ein bezahlbares Gegenbeispiel aus Holz

uaderförmige Schuhkartons aus den Katalogen der Fertigbau-Händler für die Verwaltung, daneben eine Lagerhalle aus Wellblech: Was die meisten Firmen in den diversen Gewerbegebieten Bremens hochziehen, ist bestenfalls 08/15-Architektur.

Dabei könnte es durchaus auch für Speditionen oder Logistik-Unternehmen Sinn machen, sich mit einem individuellen, baulich anspruchsvoll gestalteten Firmensitz zu präsentieren. Solche Architektur muß nicht teuer sein: Ein Beispiel dafür ist der Sitz der Firma Eucaro Buntmetall im Gewerbegebiet Reedeich, einen Steinwurf vom Außenhandelszentrum.

Eng an den Wünschen des Bauherrn orientiert plante der Architekt Stefan Rosengart hier eine 800 Meter lange Lagerhalle und einen 300-Quadratmeter umfassenden Verwaltungstrakt. Die Halle entstand weitgehend als konventionelle Stahlkonstruktion, zur Straße hin wird die Fassade abgedeckt durch den Bürobau in Holzrahmenbauweise, dem das überstehende, mit kreisförmigen Löchern durchbrochene Dach ein besonderes Gesicht verleiht. Im Sommer wird die Fassade geprägt von den aufgespannten Sonnenmarkisen, die die breiten Fenster verschatten. Zwischen Lager und Büros liegen als Temperaturpuffer Treppenhaus und Erschließungsgang.

Sämtliche Teile des Eucaro-Gebäudes könnten abgetragen und anderswo recycelt werden. Wenn die Firma wächst, läßt sich der Büro-trakt nach Bedarf verlängern.

„Das Gebäude war nicht teurer als ein normaler Gewerbebau aus dem Katalog“, sagt Stefan Rosengart. Das hätte auch nicht sein dürfen, denn die Eucaro hatte dem Architekten einen strengen Kostenrahmen von zwei Millionen Mark vorgegeben. Die Innenverkleidung besteht wie die eigens angefertigten Möbel zum großen Teil aus Sperrholz, das sonst auf Baustellen weggeworfen wird, und Metallplatten. Schließlich handelt es sich bei Eucaro um einen Metallbetrieb.

Außerdem sparten die Planer Kosten, indem sie die Bauzeit kurz hielten. Eine Konstruktion aus herkömmlichem Mauerwerk schied aus, weil dabei immer Verzögerungen wegen Frost zu befürchten sind. Die Architekten entschieden sich für die Methode, auf ein Fundament ein Gerüst aus Holzbalken zu setzen und sowohl Mauer- als auch Glaselemente nachträglich nach den Wünschen des Bauherrn einzupassen.

Das Fundament war vor dem Winter fertig. Noch während der Frostperiode schraubten Arbeiter das Holzgerüst zusammen. Die Wände und Glaselemente wurden gleichzeitig in einer warmen Halle vorgefertigt. So stand der ganze Komplex in fünf Monaten: Billig für den Bauherrn und doch ein Blickfang .

Ob sich die Nachbarn aber an dem Vorbild orientieren, ist fraglich. Gegenüber entsteht schon ein normaler Schuhkarton mit Deko-Elementen aus der Katalog-Retorte. Architekt Rosengart fordert deshalb Gestaltungsrichtlinien auch für Gewerbebauten, denn so ließen sich einzelne Gebiete als Firmenstandorte attraktiv machen. Harald Matys, Chef der Bremer Wirtschaftsförderungsgesellschaft,schwärmt zwar vom Eucaro-Gebäude. Er könne aber andere Firmen nur auf das Beispiel aufmerksam machen. Zu viel Druck und Auflagen könnten am Ende Investoren vergraulen, fürchtet Matys. Architekt Bongartz kennt die Vorbehalte vieler Firmenchefs: „Das sei alles Pappe, sagen die und verlangen eine normal gemauerte Wand“. Dabei sei etwa die Holzrahmenbauweise „schneller und günstiger“. Joachim Fahrun

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