Bremer Händler aß selbst den „Labskaus exquisit“

■ 1.900 Dosen mit dem umstrittenen Labskaus über ganz Norddeutschland verteilt / 18 wurden in Bremen beschlagnahmt Veterinär: Kein Grund zur Panik

Der Stuhrer Fleischfabrikant Wolfgang Brünings, der seinen Betrieb direkt vor den Toren Bremens im Schatten von Ratio in Brinkum hat, ist einigermaßen fertig mit der Welt. Am Donnerstag nachmittag stand sein privates Telefon schon nicht mehr still, gestern in aller Frühe waren die Fersehteams auf dem Hof seiner Fabrik und wollten einen Schwenk über typisch BSE-verseuchte Labskaus-Dosen machen.

„Die Stempel waren alle einwandfrei“, rechtfertigt sich der Fabrikant. Das nützt seinem Geschäft aber wenig. Vorsichtshalber hat er auf seinen Firmenwagen den guten Namen des Familienbetriebs überklebt, den er „schwer getroffen“sieht von dem Vorwurf: Bei ihm in Brinkum sind vier Tonnen des Fleisches und Fleischreste, angeblicher irischer Herkunft, bei dem an einzelnen Partien manipulierte Stempel entdeckt wurden, zu 10.830 Dosen Labskaus verarbeitet worden. Über 2.000 dieser 400-Gramm-Dosen, die Brünings nach Hamburg verkauft hat, standen noch bei ihm auf dem Hof ohne Etiketten, sie wurden gestern gleich beschlagnahmt. Der größere Teil war nach Hamburg geliefert worden, 6.400 Dosen standen da noch bei dem Großhändler herum. Insgesamt 1.900 Dosen aber sind seit Mai über den Hamburger Großhändler in ganz Norddeutschland in die Läden gekommen und auch an kleine Delikateß-Geschäfte ausgeliefert worden.

Die Ware aus Brinkum wurde in Hamburg mit großer Phantasie etikettiert: als „Altländer Labskaus, Reinhard Feindt Spezialitäten“, („haltbar bis 2001“) , als „Labskaus zum Krabbenfischer“, als „Uwe's Labskaus, Fischdelikatessen aus dem Meer“, als „Loofs Husumer Labskaus, Fischbaus Loofs“, als „Labskaus exquisit Admiralstopf“, als „Hamburger Labskaus Hummel Hummel“(„haltbar bis Ende 2000“) , als „Reinekes Labskaus Exquisit“(„haltbar bis Ende 2002“), als „Original Langbein Labskaus - Traditionell aus Hamburg“und unter weiteren klingenden Namen und wechselnden Haltbarkeits-Angaben stehen die Dosen aus Brinkum in den Regalen.

Der Bremer Veterinär und Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde, Hans-Herbert Kornau, bekam gestern Nachmittag eine Liste der Lieferadressen des Händlers von der Hamburger Staatsanwaltschaft: Danach ist auch ein Bremer Fischgeschäft direkt aus Hamburg mit der Brinkumer Ware bedient worden. 18 Dosen standen noch im Regal, sechs waren in den letzten Wochen schon geöffnet und verbraucht – zwei davon hatte der Chef des kleinen Ladens nach eigenen Angaben selbst verspeist.

Die BSE-Gefahr hält der Bremer Veterinär für äußerst gering, da erstens bisher nicht erwiesen sei, ob das möglicherweise illegal eingeführte Fleisch wirklich infiziert ist. Selbst Rindfleisch, das in Großbritannien als unbedenklich verkauft werden darf, fällt unter das EU-Importverbot. Zweitens wird das Rindfleisch für die Labskaus-Dosen, in denen es jahrelang haltbar sein soll, auf 130 Grad erhitzt wird, so daß Erreger wie auch etwaige wertvolle Nährstoffe völlig totgekocht sind. Die Beschlagnahme sei eine reine Vorsichtsmaßnahme. „Für mich ist das mehr Lärm um nichts“, sagt der Fachmann. . K.W.