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Schattiges Europa

■ Kaum Chancen auf EU-Fördermittel für erneuerbare Energien. Vor allem für die kleinen und mittleren Betriebe sind die Anträge kompliziert und sehr aufwendig

Aus dem Skandal um die Manipulation der Fördermittelvergabe beim Joule-Programm hat die Europäische Kommission gelernt: Im nächsten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung wird es möglicherweise gar kein eigenes Budget für die erneuerbaren Energien mehr geben. Damit wäre eine Kontrolle, ob vorgegebene Ziele eingehalten werden, unnötig. Mangels Zielen. Ende 1995 war ruchbar geworden, daß bereits als förderungswürdig eingestufte Anträge aus dem Bereich der erneuerbaren Energien nachträglich auf die Reserveliste gesetzt wurden. Unter den Tisch fielen Photovoltaik-Projekte, aber beispielsweise auch ein neuartiger Antrieb für Windräder der inzwischen in Konkursnähe geratenen Firma Tacke in Salzbergen.

Ein EU-Förderantrag bindet Geld und Kräfte. Als Vorleistung müssen Projektskizzen eingereicht werden, deren Ausarbeitung nach den strengen Richtlinien der Kommission leicht eine Halbtagsstelle über Monate binden kann. Die Stolperstricke sind zahlreich: Anträge, die beispielsweise ohne die geforderte Zahl von Kopien eingereicht werden, „landen bereits beim Pförtner im Papierkorb“, berichtet ein Antragsteller. Allein der Leitfaden zur Erstellung eines Antrags umfaßt 59 Seiten. „Für kleine und mittelständische Unternehmen ist die Förderpraxis der EU zu kompliziert und zu aufwendig“, urteilt Harry Lehmann, Mitarbeiter des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Größere Unternehmen, wie die Firma Pilkington Solar aus Köln oder BP Solar, finden sich oft besser in den Strukturen des EU-Behördenapparates zurecht und haben bereits erfolgreich Anträge eingereicht. Hin und wieder schaffen es aber auch kleinere Betriebe, am Fördertopf teilzuhaben, wie beispielsweise die Firma Biohaus aus Paderborn, die gemeinsam mit deutschen und spanischen Partnern ein Lehrprogramm für Photovoltaik ausarbeitet.

Internationale Zusammenarbeit ist eine der zahlreichen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Projektantrag. „Zusätzlich empfiehlt es sich, ein auf EU-Anträge spezialisiertes Consulting- Büro zu beauftragen“, rät Willi Ernst von Biohaus. Diese Kosten in Höhe von einigen tausend Mark werden in manchen Bundesländern, wie zum Beispiel Hamburg, sogar erstattet. Daneben gibt es einige Erfahrungswerte: Ein finanzieller Rahmen zwischen 0,5 und 5 Millionen Ecu sowie drei bis fünf Projektpartner haben sich als vielversprechend erwiesen. Derartige Tips sind im Internet auf der offiziellen Homepage der EU unter www.cordis.lu nachzulesen.

Für Projekte mit erneuerbaren Energien stehen vor allem drei Programme zur Auswahl: „Joule“, „Thermie“ und „Altener“. Während der mit rund 50 Millionen Ecu ausgestattete Altener-Topf ausschließlich für die Erneuerbaren reserviert ist, wird etwa die Hälfte des Joule-Thermie-Budgets für fossile Energiequellen vergeben. Innerhalb des aktuellen Rahmenprogramms sind für die Programme Joule und Thermie insgesamt eine Milliarde Ecu vorgesehen, die genau wie beim Altener- Programm zum größten Teil schon vergeben sind. Lediglich für sogenannte begleitende Maßnahmen wie Studien lohnt sich noch eine Anfrage. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Programme, wie beispielsweise „Fair“ für Biomasse, aus denen clevere Antragsteller ebenfalls theoretisch noch Mittel für erneuerbare Energien abschöpfen könnten.

Einen ganz anderen Weg sind Italien und Griechenland gegangen, die 30 beziehungsweise 300 Millionen Ecu aus dem Regionalfonds für regenerative Energien reserviert haben.

Üblicherweise werden Förderanträge für Projekte mit erneuerbaren Energien jedoch für Joule und Thermie gestellt. Die letzten Ausschreibungsfristen hierfür sind allerdings bereits im Mai dieses Jahres abgelaufen. Wer eine Bewilligung von Fördermitteln erhält, wird frühestens gegen Ende des Jahres feststehen. Denn so leichtfertig die bei dem Joule-Skandal vorgenommenen Bewertungen über den Haufen geworfen wurden: erarbeitet wurden sie auch damals äußerst penibel. Insgesamt muß ein Antrag je nach Programm zwischen ein und drei Entscheidungsrunden durchlaufen. Abschließend vergibt die Kommission das Geld, ohne jedoch an die Empfehlungen vorangegangener Expertenrunden gebunden zu sein. Erst dann wird ein Vertrag mit dem Antragsteller ausgehandelt, was gut und gern noch einmal drei bis fünf Monate in Anspruch nehmen kann – dann nämlich, wenn die Kommission noch zahlreiche Extrawünsche hat und auf der anderen Seite die Förderhöhe reduzieren möchte. Obwohl es Bestrebungen gibt, die Vergabe der Mittel zu beschleunigen und durchsichtiger zu gestalten, „ist es eine Tatsache, daß die Kommission immer langsamer arbeitet“, berichtet ein Mitarbeiter. Auch die Entscheidungsfindung sei nicht einfach nachvollziehbar. („Ach du liebe Güte, Sie stellen Fragen!“)

Ende dieses Jahres läuft das vierte Rahmenprogramm aus. Im nächsten Vierjahresprogramm sollen für den technischen Fortschritt 16,3 Milliarden Ecu ausgegeben werden, wenn der am 30. Juli präsentierte Vorschlag der Kommission angenommen wird. Das sind rund drei Milliarden mehr im Vergleich zum vorhergehenden. Ob die erneuerbaren Energien noch einmal ein eigenes Budget zugewiesen bekommen, ist fraglich (siehe Kasten S. 18 „Fördermittel“). Die Freunde der Atomenergie brauchen sich da freilich weniger Sorgen zu machen: Ihre Fördermittel von rund 1,4 Milliarden Ecu sind per Euratom-Vertrag schon jetzt gesichert. Anne Kreutzmann

Die Autorin ist Chefredakteurin der Zeitschrift „Photon“. Probeheft: Solar-Verlag, Wilhelmstr. 34,

52070 Aachen, Tel.: 0241/47055-0,

Fax: -9, Internet www.photon.de .,

E-Mail: redaktion6photon.de.

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