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Jetzt geht es um die Wurst

■ BSE-Warnung für den Fleischmarkt: Schlachtindustrie kritisiert Behörden. Bündnisgrüne Ministerin fordert Regionalisierung des Agrarmarktes. 120 Tonnen britisches Fleisch überwiegend in deutschen Mägen verschwunden

Berlin/München (taz/dpa) – Nun geht es den braven Deutschen ans Eingemachte, genauer gesagt an in Natur- oder Kunstdarm Gepreßtes: 616 Tonnen Ochsenschwänze und anderes minderwertiges Rindfleisch wurden illegal aus Großbritannien nach Deutschland importiert. Mindestens 120 Tonnen davon wurden laut Staatsanwaltschaft Hamburg in diversen Bundesländern zu Fleischwaren und Wurst verarbeitet und sind teilweise längst verspeist. Der Rest wurde überwiegend nach Osteuropa und Usbekistan exportiert. Obwohl das Fleisch in Großbritannien als einwandfrei gelten würde, ist der Handel auf dem europäischen Festland verboten, weil es wegen der im Königreich grassierenden BSE-Seuche seit 1996 ein Exportverbot gibt. Betroffen sind auch regionale Spezialitäten wie Saftwürstl und Fleischkäs aus Bayern oder Labskaus – früher eine haltbare Nahrung für Seefahrer und heute noch in Waterkantkreisen in Ehren gehalten. Es geht um illustre Marken wie „Hamburger Labskaus Hummel Hummel“, „Loof's Husumer“ oder „Original Langbein Labskaus“.

Nachdem über Jahre hinweg die Schlachtindustrie nichts an dem von ihr selbst inszenierten europäischen Fleischverschiebezirkus auszusetzen hatte, waren nun schnelle Schuldzuweisungen zu hören. Der bayerische Fleischverband hat den Behörden vorgeworfen, an dem Skandal um illegale Rindfleischimporte aus Großbritannien mitschuldig zu sein. Der Verbandsvorsitzende Günter Dickhaut nannte es am Freitag in München eine „große Sauerei“, daß Fleisch in diesen Mengen überhaupt illegal eingeführt werden könne. Der Zoll solle besser kontrollieren und die großen Fleischpakete bei der Einfuhr „nicht nur von der Weite“ anschauen. Dickhaut forderte ein Berufsverbot für Großhändler, die illegal mit Fleisch handeln. „Die in Bonn wissen gar nicht, was die deutsche Fleischmafia treibt.“

Das Fleisch kam nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaften unter anderem aus Holland, trug irische Stempel und wurde jeweils über mehrere Stationen an Dutzende Schlachthöfe und Abpacker verteilt. Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) sieht die Gefahr einer Infizierung mit BSE als gering an. Schließlich seien Rinderviertel aus BSE-verdächtigen Herden in Großbritannien in Kühlhäusern eingefroren. „Von tiefgefrorenen Vierteln lohnt es sich wohl kaum, in Großbritannien unverkäufliche Ochsenschwänze abzusägen“, so gestern Ministeriumssprecherin Claudia Fasse.

Für das Ministerium ist klar: „Die EU muß davon weg, mit Subventionen in den globalen Fleischhandel zu wollen. Wir brauchen kleine Wege.“ In NRW gibt es dazu nach langem Hin und Her mit der EU nun ein millionenschweres Programm „Regionale Vermarktung“. Die Bundesregierung will ab 1998 eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch aus deutscher Produktion einführen. Doch schon heute begleitet jede Fleischlieferung ein Begleitschein mit einem Herkunftsnachweis. Wer bisher die entsprechenden Dokumente fälschen wollte, kann das auch in Zukunft tun. Da helfen nur weniger Stationen auf dem Weg vom Stall zum Teller. Reiner Metzger

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