piwik no script img

Die zweite Atompanne

■ Erneut lief schwedisches AKW mit abgeschalteten Sicherheitssystemen

Stockholm (taz) – Was nicht passieren darf, und wenn, dann allenfalls in der ehemaligen Sowjetunion, passierte jetzt in einem schwedischen Kernkraftwerk. Und das gleich zum zweiten Mal. Nach der routinemäßigen jährlichen Revision von 30 Tagen wurde das westschwedische AKW Ringhals2 am vergangenen Sonntag wieder angefahren. Niemand merkte dabei, daß mehrere anläßlich der Revision abgeschaltete automatische Sicherheitssysteme überhaupt nicht wieder angekoppelt worden waren. Hierunter die zentralen Notkühlsysteme.

Ein ähnlicher Vorfall hatte sich vorigen Herbst im AKW Oskarshamn ereignet. Hier lief der Reaktor Oskarshamn2 nach einer Inspektion eine Woche mit ausgeschaltetem Notkühlsystem zur Kühlung des Reaktorkerns. Die Folge des damaligen Zwischenfalls waren neue Sicherheitsroutinen und eine spezielle Aufforderung der staatlichen Kernkraftinspektion (SKI), die Abschaltung aller solcher Systeme in Zukunft in den Checklisten peinlich genau zu vermerken, damit ihr Wiedereinkoppeln nicht vergessen werden kann.

Daß trotz dieser als „Verschärfung“ der Vorschriften ausgegebenen Selbstverständlichkeiten nun ein nahezu gleichgelagerter Fehler passieren konnte, machte SKI-Generaldirektor Lars Högberg auch ausgesprochen hilflos: „Ich weiß nicht recht, was ich dazu sagen soll. Daß so ein Fehler jetzt trotzdem wieder passiert, ist einfach äußerst schwerwiegend.“ 16 Stunden dauerte es, bis in Ringhals2 das Fehlen des Einkoppelns der Notkühlsysteme bemerkt wurde.

Zwei weitere Tage vergingen, bis am Mittwoch die SKI überhaupt Kenntnis davon erhielt. Was die Behörde veranlaßte, Ringhals2 erst einmal wieder ganz stoppen zu lassen, bis die Behörde sich Klarheit darüber verschafft hat, wie es zu dem neuen schwerwiegenden Fehler kam. Und erneut darüber nachzudenken, was getan werden könnte, damit einfachste Betriebsregeln nicht vergessen werden. Reinhard Wolff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen