: Im Visier der ÖKO-TESTer
Bombige Entdeckung
Die Becher sind knallig grün. Auf den bunten Deckeln turnen fröhlich Äffchen und Männchen zwischen Bananen, Erdbeeren, Pfirsichen und Äpfeln. Die Fruchtbomben von Schwartau findet man im Kühlregal genau dort, wo Kinder gerne stehen bleiben: Zwischen den Fruchtzwergen und der Milchschnitte. In den Bechern steckt löffelfertig püriertes Apfelmus, mal mit Banane, mal mit Pfirsich und mal mit Erdbeer-Zusatz. „Mus kommt bei den Kleinen besser an als Fruchtstückchen“, so eine Mitarbeiterin vom Schwartauer Productmanagement. Allerdings entdeckten die von ÖKO-TEST beauftragten Labors Spritzmittel – zwischen 250 und 600 Mikrogramm pro Kilogramm Spritzmittel wurden in dem Obstpüree gefunden.
Als das Verbrauchermagazin dies Schwartau mitteilte, hatte es flugs ein Schreiben der Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Boesebeck Droste auf dem Tisch. Die Tester sollten es unterlassen, „im Rahmen eines Testberichtes über die .... Fruchtbombe ... bei der Bewertung der Ergebnisse auf die Diätverordnung abzustellen“und/oder die dort festgelegten Grenzwerte den im Mus gefundenen Werten „gegenüberzustellen“. Würde ÖKO-TEST die geforderte „verbindliche Erklärung“nicht abgeben, käme der Streitfall vor das Landgericht Hamburg, drohte Schwartau. Zur Erklärung: Die Diätverordnung regelt unter anderem, daß in Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder maximal 10 Mikrogramm pro Kilogramm Pestizide stecken dürfen.
Tatsächlich hat die Firma auf den bunten Bechern jeden Hinweis vermieden, es könne sich hierbei um ein Produkt für Kinder handeln. Allerdings heißt es in Werbeanzeigen zur Markteinführung der Fruchtbombe: „So mögen Kinder Obst.“In einer Pressemitteilung wird die Fruchtbombe sogar für Babys angepriesen, „von sechs Monaten aufwärts“. Nachdem ÖKO-TEST diese Unterlagen dem Firmenanwalt übermittelt hatte, war plötzlich von einem Gerichtsverfahren keine Rede mehr. Statt dessen schrieb Dr. Helmut-Rainer Neste von der „Qualitätssicherung“im Hause Schwartau, das Ganze sei ein Versehen: „Der Hinweis ..., das Produkt sei für Kinder von 6 Monaten aufwärts gemacht, ist seinerzeit versehentlich in die Presseerklärung geraten.“
ÖKO-TEST meint trotzdem, daß die Fruchtbomben sind kein „gesünderes Nascherlebnis“und nicht „ideal zum Mitnehmen für Schule, Pause, Sport“sond – wie Schwartau behauptet. Deshalb rät das Verbrauchermagazin, sie im Regal stehen zu lassen und die drei Mark für vier Becher a 100 Gramm zu sparen.
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