: "Unschönes Intermezzo" dauert an
■ Weiter Wortgefechte zwischen der CSU und dem Rest der Koalition zum Thema Kabinettsumbildung. Die FDP sieht durch Rücksichtslosigkeit der CSU ihre Wahlchancen bei der Hamburger Wahl gefährdet
Bonn/München (dpa/taz) – Wie die Orchestermitglieder in einer Posse Danny Kayes hören die Bonner Koalitions-Symphoniker nicht auf, mit ihren Instrumenten übereinander herzufallen, statt Kohls Partitur zu spielen. Das „häßliche Intermezzo“ (Bundeskanzleramtsminister Bohl) will einfach kein Ende nehmen. Scheinbar einsichtig forderte Theo Waigel ein Ende der öffentlichen Diskussionen zum Thema Kabinettsumbildung „Der Kanzler hat entschieden und dabei bleibt es“, sagte er am Sonntag artig in der ZDF-Sendung „Bonn direkt“, um dann sogleich wieder die FDP zu attackieren. Angriffsziel Waigels waren Äußerungen führender FDP-Politiker, die von Vertrauensverlust der Koalition und Fehlern der CSU sprachen. FDP-Chef Wolfgang Gerhardt hatte der CSU vorgeworfen, die Auseinandersetzung im Wortsinn „ohne Rücksicht auf Verluste“ zu führen. Schließlich trete sie nicht zur Hamburger Bürgerschaftswahl am 21. September an. Gerhard solle sich um seinen eigenen Laden kümmern und erst mal die 5-Prozent-Hürde in Hamburg überspringen, replizierte der Noch-Finanzminister
Waigel fühlt sich nach wie vor sicher auf dem Schoß des schwarzen Riesen. Kohl hat der CSU nach seinen Worten zugesagt, daß sie nach dem Ausscheiden von Bundespostminister Wolfgang Bötsch (CSU) bei Auflösung seines Ministeriums „ein entsprechendes Äquivalent in der Regierung erhält“. Die CSU habe überproportional Verantwortung übernommen und sei am überproportionalen gemeinsamen Erfolg der Unionsparteien beteiligt.
Auf die Frage, ob er selbst bis zum Wahltag am 27. September 1998 Finanzminister bleibe, sagte Waigel: „Ich bleibe im Amt.“ Mit seiner Interview-Äußerung, neun oder zehn Jahre Finanzminister seien genug, habe er nur „menschlich und offen“ zum Ausdruck bringen wollen: „Man kann nicht ewig Finanzminister machen.“
Nach Informationen der Berliner Morgenpost hat die Unionsführung ein Signal aus der FDP-Spitze bekommen, daß die Freien Demokraten einen einvernehmlich abgesprochenen Personalaustausch im Kabinett nicht grundsätzlich verweigern würden. Dazu FDP-Sprecher Hans-Rolf Goebel: die FDP- Minister arbeiten gut, weder bei den Personen noch bei den Ressorts sei ein Wechsel nötig.
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