■ Kommentar: Polizeipräsident gefordert
Nein, für Richterschelte gibt es keinen Grund. Das Unbehagen am gestrigen Freispruch von sechs Polizisten speist sich aus anderen Quellen. Das kann am besten ein entgegengesetzter Vorgang beleuchten. Ein Polizist, der eine sechzehnjährige Frau bei einem Funkwageneinsatz mit überhöhter Geschwindigkeit tötete, wurde vor wenigen Tagen nur deshalb verurteilt, weil ein anderer Polizist die Vertuschung der Schuld nicht mitmachen wollte und sich als Zeuge meldete. Nun wird ein Verfahren wegen Falschaussage gegen den Kollegen des Todesfahrers folgen. Die Regel ist das nicht; im Gegenteil: Im Verfahren gegen die sechzehn Polizisten kam heraus, daß selbst ein mit dem Fall befaßter Kripobeamter keinen Anlaß für Ermittlungen sah. Er konnte auf dem Video, das Polizisten bei Faustschlägen zeigt, keine Straftaten erkennen. Das Gericht hat es deshalb schwer. Es kann nur über das Material befinden, welches auf dem Richtertisch landet. Welchem Druck „Nestbeschmutzer“ aus den Reihen der Polizei ausgesetzt sind, ist auch in diesem Verfahren zu spüren. Nicht die Richter gilt es deshalb zu schelten, sondern die Polizeiführung. Gerade wenn es „wenige schwarze Schafe“ sind, sollte Polizeipräsident Saberschinsky seine Stimme unüberhörbar gegen Kumpanei erheben. Stillschweigen bedeutet Ermutigung. Den mutigen Polizisten zu ehren, der Straftaten aufdeckt, wäre eine eindeutige Geste. Gerd Nowakowski
Bericht Seite 18
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