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„Ein Signal“für Hochschulumzug?

■ Prognos empfiehlt komplette Verlagerung nach Grohn für 450 Millionen Mark / Folgen für die Neustadt nicht gegengerechnet

Für Hochschulrektor Ronald Mönch ist es „mehr als ein Signal für den Umzug der Hochschule Bremen nach Grohn“, was nach langen Wochen des Wartens aus dem Entwurf des Prognos-Gutachtens bekannt wurde: Die Gutachter empfehlen dem Vernehmen nach einen auch von Mönch favorisierten Komplett-Umzug der Hochschule auf das Gelände der Roland-Kaserne.

Nur mit dem Magnet Hochschule ließen sich wie gewünscht Institute und High-Tech-Betriebe nach Bremen-Nord locken und Arbeitsplätze schaffen. Als Kosten für den Umzug hat Prognos 452 Millionen Mark veranschlagt. „Die Landesregierung muß jetzt bald entscheiden“, sagt der Rektor, der ab dem Jahr 2000 am neuen Standort seine Hochschule zur „Campus-Uni“entwickeln will.

In den Senatsressorts für Wissenschaft und Wirtschaft, die Prognos den Prüfauftrag erteilten, hält sich die Begeisterung über den Entwurf in Grenzen. Offiziell will man noch nichts sagen, ehe eine gemeinsame Position abgestimmt ist.

Dennoch sind Einwände zu hören: Die Gutachter hätten die negativen Folgen eines Umzuges für die Neustadt nicht gegengerechnet, heißt es. Dabei müsse mit erheblichen Investitionen gerechnet werden, um die alten Gebäude am Neustadtswall für spätere Nutzer herzurichten. Außerdem sei in den 452 Millionen Mark noch kein Geld für die Subventionierung ansiedlungswilliger Betriebe eingerechnet.

Die kalkulierten 3.000 zusätzlichen Jobs seien, wenn überhaupt, erst weit nach der Jahrtausendwende zu erwarten. Außerdem habe Prognos eine unzumutbare Voraussetzung formuliert: Die Ansiedlung von Betrieben im Technologiepark an der Universität müßte gestoppt werden, um die Firmen zum Gang nach Bremen-Nord zu nötigen. „Völlig unakzeptabel“, so ein Wissenschaftsbeamter.

Die Behörde von Senatorin Bringfriede Kahrs (SPD) hatte schon in der Vergangenheit eher skeptisch auf die Umzugspläne reagiert, die vom Wirtschaftsressort und Senator Hartmut Perschau (CDU) gepuscht werden.

Fraglich ist auch, ob der Bund aus seinen Mitteln für den Hochschulbau das Vorhaben unterstützen würde, noch dazu, wenn ohne Not der funktionierende Hochschulstandort Neustadt aufgegeben werde. Die CDU hatte bei einem Landesparteitag festgelegt, daß die Umzugsentscheidung nicht ohne Gegenrechnung der Folgen für die Neustadt getroffen werden dürfe.

Die Umzugsbefürworter haben andere Argumente: „Die Gutachter haben niemanden gefunden, der ohne den Hochschulumzug einen seriösen Vorschlag für die Nutzung des Kasernengeländes machen kann“, sagt Rektor Mönch.

Für die Neustadt wird schon ohne die Hochschule geplant: Von der Wirtschafts- und der Baubehörde erhielten einige Architekturbüros bereits unverbindliche Aufträge, sich Gedanken über die Zukunft des Quartiers zu machen.

Joachim Fahrun

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