Madame Mégret und ihr strafbarer Rassismus

■ Wegen rassistischer Äußerungen ist die rechtsextreme Bürgermeisterin des südfranzösischen Vitrolles zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden

Paris (taz) – Es gibt „Unterschiede zwischen den Rassen. Es gibt einfach genetische Differenzen“, versicherte Catherine Mégret in einem Interview. Das war zu Jahresanfang, kurz nachdem die Kandidatin der rechtsextremen Front National zur Bürgermeisterin der südfranzösischen Kleinstadt Vitrolles gewählt worden war, und veranlaßte mehrere Dutzend Bürger zu einer Anzeige. Gestern erhielt Madame Mégret die Quittung für ihren Aufruf zum Rassenhaß: Ein Gericht in Aix-en- Provence verurteilte die 38jährige zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung und einer Geldstrafe von 50.000 Franc (etwa 15.000 Mark).

Nach der Urteilsverkündung am frühen Nachmittag kam es gestern zu Rangeleien am Ausgang des Strafgerichtes. Kläger zeigten sich enttäuscht über das milde Urteil, das weit hinter ihren Erwartungen blieb. Nachdem mit dem Zustandekommen der Kollektivklage und des Strafverfahrens die größte Hürde genommen schien, waren sie davon ausgegangen, daß Madame Mégret für unwählbar erklärt würde und als Bürgermeisterin zurücktreten müßte.

Ein Sprecher der Organisation „SOS Racisme“, die ebenfalls gegen Mégret geklagt hatte, zeigte sich mit dem Gerichtsentscheid zufrieden. Andere Front-National- Gegner sprachen davon, die Justiz habe mit ihrem Urteil ein „deutliches Zeichen“ an alle Rassisten gesetzt. Ein Mitglied der antirassistischen Gruppe „Ras le Front“, hoffte, daß sich die „Haltung der Bürgermeisterin ändern“ werde.

Madame Mégret, die im Februar als Strohfrau ihres Gatten Bruno, der wegen Unwählbarkeit nicht selber kandidieren konnte, zur Bürgermeisterin gewählt worden war, hatte im Interview mit der Berliner Zeitung gegen Immigranten und eingebürgerte Franzosen gehetzt und angekündigt, daß ihr Rathaus ihnen künftig wo immer möglich die staatlichen Beihilfen entziehen werde.

Die klaren Worte der auf dem politischen Terrain wenig erfahrenen Mégret entsprechen dem, was in rechtsextremen Kreisen zwar laut am Kneipentisch, aber nicht im Interview gesagt wird. Ihre Wirkung war um so heftiger, als das Interview im Ausland veröffentlicht wurde. Mégret zog sich schließlich darauf zurück, zu sagen, sie sei „hereingelegt“ worden. Bereits vor der gestrigen Urteilsverkündung ließ sie verlauten, daß sie in Revision gehen werde. Dorothea Hahn