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Exportplus bringt dem Osten keine Jobs

4,37 Millionen Menschen ohne Arbeit, eine halbe Million mehr als vor einem Jahr. Quote im Osten nun fast doppelt so hoch wie im Westen. Mehr Ausfuhr hilft nur alten Ländern  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland bleibt weiterhin auf Rekordniveau. 4,37 Millionen Menschen ohne Job, so viele waren es in einem August seit 50 Jahren nicht. Bernhard Jagoda, Präsident der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA), setzt nun seine Hoffnungen auf den kommenden Monat: „Der September wird die Stunde der Wahrheit.“ Denn erst dann könne man die weitere Entwicklung abschätzen. Daß die Arbeitslosigkeit im Winter die Fünf- Millionen-Grenze überspringen könnte, wie die Gewerkschaften befürchten, hält Jagoda aber für „relativ unwahrscheinlich“. Ein Unterschreiten der Vier-Millionen-Marke im kommenden Jahr aber auch.

Im August lag die Arbeitslosigkeit um 470.395 über dem Vorjahr und um 17.800 über dem Vormonat. Während in den alten Bundesländern der Anstieg gegenüber Juli mit 1.800 relativ moderat ausfiel, registrierten die Arbeitsämter in den neuen Ländern eine Zunahme der Arbeitslosen innerhalb nur eines Monats um 16.000. Die Quote ist im Osten mit nunmehr 18,3 Prozent fast doppelt so hoch wie im Westen (9,7 Prozent).

BA-Chef Jagoda sprach angesichts dieser Zahlen von einer „zwiespältigen Entwicklung“ auf dem Arbeitsmarkt. In den alten Ländern sei die „Talsohle erreicht“, man wisse nur nicht, „wie lang das Tal sein wird“. Im Osten setze sich dagegen die „Abwärtsbewegung fort“. In den alten Bundesländern, wo ein knappes Drittel aller Waren für den Export produziert wird, schlage die „kräftige Belebung der Auslandsnachfrage“ positiv zu Buche. Im Osten dagegen mache sich die „lahmende Binnenkonjunktur“ negativ bemerkbar. Dort ist der Einbruch der Baubranche und vor allem der starke Rückgang von Arbeitsbeschaffungs- und Umschulungsmaßnahmen von zentraler Bedeutung. Hatte in Ost und West die aktive Arbeitsmarktpolitik vor einem Jahr noch einen Entlastungseffekt von 1,3 Millionen Jobs, ist ihre Wirkung aufgrund der rigiden Einsparungen inzwischen um rund 300.000 Stellen zurückgegangen.

Um die angespannte Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt zu verbessern, rief Jagoda zu einem „Endspurt“ auf, um „alle Reserven zu mobilisieren“. Ende August gab es noch 152.000 noch nicht vermittelte Jugendliche. Diesen stehen nur 57.800 freie Plätze gegenüber. In den nächsten Jahren wird sich diese Entwicklung noch verschärfen, da die Zahl der Schulabgänger mindestens bis zum Jahre 2007 weiter ansteigen wird. „1984 hatten wir in den alten Bundesländern 706.000 abgeschlossene Ausbildungsverträge, heute haben wir nur 490.000“, klagt Jagoda.

Um die Bereitschaft der Betriebe zur Ausbildung zu erhöhen, hat das Bundeskabinett beschlossen, Unternehmen, die Jugendliche ausbilden, künftig bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen bevorzugt zu behandeln. Das Kabinett folgte damit einem Vorschlag von Bundesbildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP). Um nicht mit den Wettbewerbsbestimmungen der Europäischen Union in Konflikt zu geraten, soll die bis zum Ende des Jahres 2000 gültige Regelung vor allem bei Inlandsausschreibungen zum Tragen kommen. Wolfgang Thierse (SPD) forderte dagegen eine Überprüfung des gesamten Systems der Berufsausbildung.

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