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„Beamte auf Inline-Skates“

■ Hessens grüner Justizminister Rupert von Plottnitz fordert von Polizisten: Raus aus der Wache, rein in die Stadt

taz: Wollen die Grünen jetzt den Kontaktbereichsbeamten wieder einführen?

Rupert von Plottnitz: Nein, aber auch viele taz-LeserInnen stören sich zur Zeit mehr am Dealer als am Polizisten auf der Straße. Das Gesetz aber macht die Polizei immer unsichtbarer – von der verdeckten Ermittlung bis zum Lauschangriff. Wir brauchen eine Rückbesinnung auf Polizisten aus Fleisch und Blut, nicht versteckt hinter verschlossenen Türen und Streifenwagen. Dazu gehört auch das Namensschild an der Uniform. Und die Beamten sollen mehr mit den Vertretern der Kommunen kooperieren.

Wünschen Sie sich das grüne Allheilmittel der sogenannten runden Tische?

Die sind besser als Grundrechtseinschränkungen.

Auch die Grünen fordern mehr Bürgerbeteiligung an der Inneren Sicherheit. Das hört sich nach Bürgerwehr an.

Es kann doch nicht schlecht sein, wenn ein Ortsbeirat das zuständige Revier auf Mißstände in seinem Bereich hinweist und Polizei, Sozialarbeiter und Ausbildungsbehörden kooperieren. Oder wenn Polizisten wie in Berlin und anderswo mit Fahrrädern und Inline-Skates unterwegs sind. Es geht nicht um eine Vigilantentätigkeit wie in den USA.

Polizisten als Sozialarbeiter in Uniform, die den Kampf gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit und Armut gleich mitübernehmen?

Nein. Da wird die Polizei überfordert sein. Sie hat nur für Verhinderung und Aufklärung von Straftaten zu sorgen, gerade durch sichtbare Anwesenheit.

Sind die Grünen auf dem Weg von der staatskritischen zur Law- and-order-Partei?

Das ist abwegig. Aber wir müssen die Bürgerängste vor Aggressivität und Delinquenz auf der Straße ernst nehmen. Ich bin gegen die konservative Politik hilfloser Strafverschärfungskampagnen und für Verbesserungen der Prävention. Und wir sind für eine Polizei mit offenem Visier und dagegen, daß sie sich immer mehr zum Geheimdienst entwickelt. Die Grünen sind eine Rechtsstaatspartei. Und zu dem gehört auch eine Polizei, die in der Lage ist, die Menschen vor Kriminalität zu schützen.

Soll sie jetzt ernsthaft hinter jeder weggeworfenen Cola-Dose und jedem Grafitti-Sprayer herrennen?

Nein, die Polizei ist nicht die Straßenreinigung. Es darf in den Großstädten nicht zugehen wie auf einem Kasernenhof. Das hätte nichts mehr mit städtischem Leben zu tun. Ich will Prävention und kein Modell, das Bagatellfälle mit Freiheitsstrafen ahndet.

An der Frankfurter Konstablerwache wird trotzdem täglich gedealt.

Dann fehlt es an ausreichender Präsenz. Interview: Heide Platen

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