piwik no script img

Polizei und Armee in Israel verstärken Aufgebot

■ Nach dem Auslaufen des Ultimatums von Hamas drohen neue Attentate. Tausende demonstrieren in Tel Aviv und Jerusalem gegen Regierung Netanjahu

Jerusalem (taz) – Die Sicherheitsvorkehrungen der israelischen Polizei und Armee sind noch einmal verstärkt worden. Gestern abend lief das Ultimatum ab, das die fundamentalistische Hamas vor zehn Tagen gestellt hatte. Hamas hat in einer Erklärung mit neuen Selbstmordattentaten gedroht, sollten nicht alle Hamas- Gefangenen, darunter auch Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin und der in Israel inhaftierte Hisbollah-Führer Scheich Ahmed Obeid, freikommen.

Israelische Sicherheitskräfte erklärten, die Bedrohung sei real. In der vergangenen Woche hatten mehrere Hamas-Mitglieder sowie die Auslandsführung in Amman die Drohungen wiederholt. In Jerusalem und Tel Aviv patrouillieren Hunderte zusätzlicher Polizisten und Soldaten an öffentlichen Plätzen, Bushaltestellen und in Fußgängerzonen. Nach Angaben eines Sprechers der Sicherheitskräfte hat die Polizei sehr konkrete Hinweise auf weitere Attentate. Zum erstenmal seit dem Besuch von US-Außenministerin Madeleine Albright trafen am Samstag wieder Vertreter der israelischen und palästinensischen Geheimdienste im Beisein von CIA-Mitarbeitern zusammen.

Trotz der Bedrohung haben am Samstag rund 20.000 Menschen in Tel Aviv für einen dauerhaften Frieden mit den Palästinensern demonstriert und die Politik der israelischen Regierung verurteilt. Anlaß war der vierte Jahrestag der Unterzeichnung der israelisch-palästinensischen Prinzipienerklärung, mit der der Nahostfriedensprozeß begonnen hatte. Israels ehemaliger Ministerpräsident Schimon Peres sagte: „Wir werden dem Feuer des Hasses nicht nachgeben.“ Auch er machte die israelische Regierung für die Stagnation im Friedensprozeß verantwortlich. Junge Menschen trugen Spruchbänder mit der Aufschrift „Wir setzen den Weg Rabins fort“.

Lea Rabin, Witwe des ermordeten Ministerpräsidenten, las Auszüge aus der letzten Rede ihres Mannes. Sie hatte in der vergangenen Woche symbolisch den Friedensvertrag erneuert. Mit Palästinenserpräsident Arafat unterzeichnete sie erneut das Oslo-Abkommen von 1993. An der Kundgebung in Tel Aviv nahm auch der Chef der Arbeitspartei, Ehud Barak, teil. Er sagte, hinter der Türe lauere der Krieg. Es sei höchste Zeit, den Friedensprozeß wiederaufzunehmen. In Bethlehem demonstrierten am Samstag mehrere hundert palästinensische Gegner des Friedensprozesses. Sie trugen einen Sarg mit der Aufschrift „Oslo-Abkommen“. Am Ende der Kundgebung steckten sie den Sarg in Brand. Auch israelische und amerikanische Flaggen gingen in Flammen auf. Georg Baltissen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen