: „Schröder hat von uns abgeschrieben“
■ Hans-Peter Repnik, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, findet den Unionswirtschaftskurs im Konzept des niedersächsischen Ministerpräsidenten bestätigt
taz: Die SPD hat ein neues Wirtschaftskonzept beschlossen, daß maßgeblich von zwölf Thesen des niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder geprägt ist. Könnte die CDU das Thesenpapier unterschreiben?
Hans-Peter Repnik: Andersherum wird ein Schuh daraus. Herr Schröder hat wesentliche Elemente von unserem Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung abgeschrieben. Er hat unseren Finanz- und Wirtschaftskurs voll bestätigt.
Zum Beispiel?
Schröders Ansicht, daß privates Kapital Deutschland aufgrund zu hoher Steuersätze meidet, entspricht exakt unserer Analyse und hat zu unserem Steuerreformmodell geführt. Seinen Vorschlag, Niedriglöhne zu subventionieren, der jetzt so heiß diskutiert wird, haben wir im Rahmen des Arbeitsförderungsgesetzes bereits am 1. April dieses Jahres beschlossen.
Aber stellt Schröder nicht Forderungen auf, die von der CDU zwar geteilt, aber nicht umgesetzt werden, wie zum Beispiel Beteiligung am Produktivkapital, Modernisierung der öffentlichen Verwaltung?
Zur öffentlichen Verwaltung werden wir in den nächsten Wochen ein Reformpaket vorlegen. Zudem arbeiten wir mit Hochdruck an einem umsetzbaren Programm zur Beteiligung am Produktivkapital.
Und was ist mit der Förderung der Forschungs- und Bildungspolitik? Die SPD will dafür mehr Geld bewilligen. Die Koalition hat gerade erst die Mittel gestrichen?
Die SPD geißelt einerseits zu hohe Verschuldung, fordert aber bei jeder Einzelmaßnahme mehr Geld. Und wenn wir gegen die Ursachen für die sinkenden Einnahmen etwas tun wollen, indem wir durch eine Steuerreform die Schlupflöcher schließen, wird das von der SPD blockiert. Wenn Schröder seine Thesen wirklich ernst nimmt, sorgt er am morgigen Donnerstag dafür, daß wir eine Einigung bei der Steuerreform erzielen.
Bleibt nicht trotzdem der Eindruck, Schröder sei der bessere CDU-Politiker? Etwa wenn er darauf drängt, daß die möglichen Sanktionen bei der Ablehnung zumutbarer Arbeit voll ausgeschöpft werden sollen?
Es bedarf nicht des Anstoßes von Herrn Schröder. Was er fordert, haben wir doch zum Teil bereits umgesetzt. Wir haben doch schließlich durchgesetzt – unter großem Widerstand der SPD –, daß die Sozialhilfe bei Verweigerung einer angebotenen Arbeit um 25 Prozent gekürzt werden kann.
Hat Schröder die SPD zu einem Rechtsruck bewegt?
Wenn sich die SPD die Ansichten von Schröder tatsächlich zu eigen machen würde, könnte man dies bejahen.
Könnte das für die Koalition nicht gefährlich werden, weil sie damit für die angestammten CDU-Wähler wählbarer wird?
Schröder muß erst mal beweisen, daß er kein bloßer Maulheld ist. Bei keinem anderen SPD-Politiker klaffen Wort und Tat so sehr auseinander. Im übrigen brauchen wir vor der SPD keine Angst zu haben. Die Bürger werden bald die wirtschaftliche Trendwende deutlich spüren. Ich glaube nicht, daß sie riskieren werden, diesen Trend zu gefährden. Interview: Markus Franz
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