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Neue Zahlen zur Armut

■ DGB-Vize Engelen-Kefer: Schere zwischen Arm und Reich wird größer

Berlin (taz) — „Der Riß durch unsere Gesellschaft wird immer breiter“, sagte Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), und stellte gestern neue Zahlen zur Armut vor. Demnach waren 1996 knapp 2,8 Millionen Menschen auf Sozialhilfe angewiesen, so die Berechnungen des DGB. In den vergangenen zehn Jahren sei die Zahl der Sozialhilfeempfänger im Westen um 50 Prozent, im Osten seit 1991 um 20 Prozent gestiegen. Dabei bezögen von 100 sozialhilfeberechtigten Haushalten aber nur rund 60 Sozialhilfe. Die anderen würden aus Scham oder Unwissenheit auf Leistungen verzichten, so Engelen-Kefer.

Zugleich habe sich seit 1987 die Zahl der Menschen versechsfacht, die monatlich über mehr als 10.000 Mark netto verfügten. Falls diese Kluft zwischen Arm und Reich weiterwachse, fürchtet Engelen- Kefer „eine Auflösung der Demokratie“. Erste Anzeichen hierfür sieht sie im Anwachsen des Rechtsextremismus und einem konstanten Rückgang der Wahlbeteiligung.

Rund ein Drittel der Arbeitslosen und Alleinerziehenden lebten unterhalb der Armutsgrenze, was bedeute, daß sie über weniger als die Hälfte des deutschen Durchschnittseinkommens verfügten. Besonders schwer treffe es alleinerziehende Mütter. Im Westen sei jede vierte auf Sozialhilfe angewiesen, im Osten jede zehnte. Alleinerziehende Mütter seien fünfmal so oft auf Sozialhilfe angewiesen wie Ehepaare. Grund dafür seien unzureichende oder fehlende Unterhaltszahlungen der Väter.

Um kinderreichen Familien zu helfen, fordert der DGB eine Erhöhung des Kindergelds. Außerdem solle der Grundfreibetrag für das Existenzminimum heraufgesetzt werden. Sozialhilfeempfänger sollen einen größeren Teil ihres Geldes aus Nebentätigkeiten behalten dürfen – als Reiz, eine Arbeit anzunehmen. Bislang dürfen Sozialhilfeempfänger von 1.000 hinzuverdienten Mark 265 behalten. Nicol Ljubic

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