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Telekom senkt die Preise für die Ferne

■ Umsatz und Gewinn gestiegen. Damit das so bleibt, klagt Telekom gegen Bötsch

Bonn (AP/rtr) – Mit dem Beginn des Wettbewerbs auf dem Telefonmarkt ab 1998 will die Deutsche Telekom ihre Preise für Vieltelefonierer senken. Telekom- Chef Ron Sommer kündigte bei der Vorlage der Halbjahresbilanz gestern zugleich an, daß es beim Telefonanschluß je nach Komfort „unterschiedliche Leistungspakete“ geben werde. Im anhaltenden Streit um Art und Kosten des Zugangs der Konkurrenzunternehmen zu ihrem Netz werde die Telekom sich vor Gericht weiterhin gegen eine „Enteignung“ wehren, betonte Sommer.

Für das Frühjahr kommenden Jahres kündigte Sommer eine Preissenkung von durchschnittlich fünf Prozent an, die den Kunden vor allem bei Ferngesprächen zugute kommen werde. Zusätzlich werde als „Touristenklasse“ für Überseegespräche das „besonders günstige“ Telefonieren über das Internet eingeführt, das derzeit noch getestet wird. Telefoniert wird in Deutschland nämlich immer mehr und immer länger. Die Zahl der Verbindungsminuten stieg allein im ersten Halbjahr 1997 um 9,2 Millarden (zwölf Prozent) auf fast 86 Milliarden Minuten.

Einzelheiten zu den neuen Tarifen, mit denen sich der bisherige Monopolist im freigegebenen Markt behaupten will, nannte Sommer nicht. Eine „Flat Rate“ wie bei einigen US-Telefongesellschaften, wo mit einem festen Preis zum Beispiel alle Ortsgespräche abgegolten sind, werde es bei der Telekom aber nicht geben, da diese „Sackgasse“ auch in den USA inzwischen aufgegeben werde.

Harte Kritik übte Sommer an der Entscheidung von Bundespostminister Wolfgang Bötsch über das Entgelt, das die Telekom- Konkurrenten künftig für den Zugang zum Telekom-Netz zahlen müssen. Hauptproblem sei nicht der Durchschnittspreis von 2,7 Pfennig pro Minute, sondern die Zugangsentgelte von 1,97 Pfennig in den City-Regionen. Die Wettbewerber wie die Tochter Otelo von RWE und Veba erhielten damit Zugang zum Telekom-Netz zu Preisen, die unter den Kosten der Telekom lägen. Otelo kündigte unterdessen an, daß das Unternehmen ab März 1998 zur zweitgrößten Telefongesellschaft aufsteigen wolle. Die Mutterkonzerne Veba und RWE wollen außerdem ihre Beteiligung an E-Plus von jetzt 60,3 Prozent ausbauen und den Mobilfunkbetreiber möglichst vollständig übernehmen.

Telekom-Chef Sommer will wegen der Entscheidung des Postministers vor Gericht ziehen. Bötsch betreibe eine „Enteignung durch die Hintertür“. Der Beginn der Konkurrenz auf dem Telefonmarkt werde sich deswegen aber nicht verzögern. Bötsch glaubt, daß die Klage abgewiesen werde. Auch werde das Ministerium prüfen, ob die von der Telekom angekündigte Preiserhöhung für das Kabelfernsehen rechtmäßig sei.

Die Telekom hat auch im ersten Halbjahr 1997 Umsatz und Ergebnis weiter gesteigert, den Schuldenberg verringert sowie Personal abgebaut. Laut Sommer stieg der Konzernumsatz im Vergleich zur ersten Hälfte 1996 um 7,3 Prozent auf 32,9 Milliarden Mark. Das Ergebnis vor Steuern kletterte um 2,7 Milliarden auf 3,6 Milliarden Mark. Das Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit lag ebenfalls bei knapp 3,6 Milliarden. Die Anzahl der Beschäftigten reduzierte sich überplanmäßig aber sozialverträglich um 11.735 auf 198.961 Mitarbeiter.

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