: „Druck machen gegen TBT“
■ Giftverseuchter Hafenschlick – wohin damit? Bremerhavens Hafenamtsleiter Hinrich Gravert ist in der Zwickmühle
Janusköpfig hat die Bezirksregierung Lüneburg dem Hafenamt Bremerhaven verboten, Baggergut aus den Bremerhavener Häfen in die Nordsee zu kippen. Trotzdem wartet Lüneburg auf einen neuen Antrag aus Bremerhaven, den Schlamm doch verklappen zu dürfen. Wie die taz ausführlich berichtete, ist der Hafenschlamm stark mit dem Umweltgift Tributylzinn (TBT) verseucht. Weil der Hafen schiffbar sein muß, muß gebaggert werden. Eine Entsorgung des Schlammes an Land ist teuer. Hafenamtsleiter Hinrich Gravert. ist in einer Zwickmühle.
taz: Was passiert mit dem Hafenschlamm, jetzt, wo er nicht mehr verklappt werden darf?
Hinrich Gravert: Das ist noch nicht eindeutig geklärt. Wir haben den Auftrag von der Bezirksregierung Lüneburg, einen neuen Antrag auf Verklappung zu stellen.
Auf welcher Grundlage? Ist die TBT-Belastung nicht mehr so hoch?
Vielleicht können wir an einer anderen Stelle verklappen, im Fahrwasser der Wesermündung etwa, falls das Wasser-und Schifffahrtsamt zustimmt.
Es gibt ein Gerücht, wonach Reste-Fässer mit TBT-haltigen Schiffsfarben zur Entsorgung einfach in den Hafen geworfen worden sein sollen.
Wenn das konkret wäre, würden wir Bergungsarbeiten einleiten.
Es wurden dramatische TBT-Werte im Wendebecken gemessen. Haben die sich relativiert?
Wir haben sehr hohe Werte. Im Bereich von Werften sind sie höher als im Wendebecken. Ich will nicht ausschließen, daß hier und da mal ein Farbeimer über Bord gegangen ist. Bei den hohen Halbwertzeiten von TBT dauert es lange bis das Gift abgebaut ist. Aber wer sagt mir konkret, ob und an welcher Stelle TBT-Fässer liegen könnten?
Verklappung bedeutet zusätzlichen TBT-Eintrag. Kann man den Schlamm nicht anders entsorgen?
Neben der Verklappung gibt es nur die kostspielige landfeste Unterbringung.
Wird nicht überlegt, den Hafenschlamm in Hamburg zu Ziegeln brennen zu lassen?
Diese Überlegungen bedeuten eben eine landfeste Unterbringung. Das braucht Lagerstätten, Fabriken, die die Ziegel brennen. Diese Probleme sind noch lange nicht abschließend geklärt.
Wann glauben Sie, haben Sie eine Lösung gefunden?
Wir formulieren den Verklappungsantrag gerade in einer Arbeitsgruppe unterschiedlichster Fachgruppen.
Kommen durch die aufgeschobene Verklappung oder die Suche nach alternativen Entsorgungsmethoden auf Bremen zusätzliche Kosten zu?
Das will ich nicht ausschließen.
Wann baggern sie wieder?
Der Hafen ist die Drehscheibe Eupropas für Autotransporte. Natürlich muß er offen bleiben. Wir haben bisher an der Nordschleuse eine höhere Wassertiefe vorgehalten als für die Autotransporter nötig ist. Wir haben noch etwas Luft.
Müßten nicht auch andere Häfen wegen TBT-Verseuchung unter die Lupe genommen werden?
Alle Häfen haben das TBT-Problem. In die Nordsee werden jährlich 92.000 Kilogramm TBT eingebracht. Solange TBT nicht weltweit verboten wird und als Mittel gegen Algenbewuchs an Schiffsböden benutzt wird, geht der Eintrag weiter. Aber ich höre, daß die US-Marine TBT nicht mehr verwendet. Die Farbhersteller bemühen sich, von TBT wegzukommen. Die Häfen müssen Druck machen, damit TBT nicht mehr verwendet wird. Fragen: Thomas Schumacher
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen