: Ringelreihen bei Suche nach Schuldigen
Die asiatische Finanzkrise beschäftigt Finanzpolitiker und Notenbankchefs beim IWF-Treffen. Bundesbankchef Tietmeyer lehnt Hilfsfonds ab. Malaysias Premier sieht Verschwörung ■ Von Jutta Lietsch
Bangkok (taz) – Der beste Weg zu einem anhaltenden Wirtschaftswachstum ist nach Ansicht von Bundesfinanzminister Theo Waigel eine rechtzeitige Zinserhöhung in bestimmten Industrieländern. „Industriestaaten mit einer hohen Kapazitätsauslastung und hoher Arbeitslosigkeit könnten eine frühe Zinserhöhung gebrauchen, um spätere und dann stärkere Zinserhöhungen zu vermeiden“, so seine Begründung vor dem Interimsausschuß des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der wichtigste Adressat der Botschaft weilt ebenfalls zur Zeit in Hongkong: Bundesbankchef Hans Tietmeyer. Von dem erwarten Experten seit Wochen ein baldiges Zinssignal. Warum aber ausgerechnet der Schuldenkönig Waigel darauf drängt, ist unklar.
Tietmeyer widmete sich bei der IWF-Tagung denn auch lieber den internationalen Problemen. Vehement sprach er sich gegen einen Fonds aus, der die krisengeschüttelten Währungen der asiatischen Tigerstaaten stützen soll. Die Frage, wer Schuld ist an der Finanzmisere in Südostasien, beherrscht bisher die Tagung der Banker und Finanzpolitiker. Vertreter der Industriestaaten und der Ständige Ausschuß des IWF diskutierten am Wochenende darüber, ob der IWF stärkere Kontrollmöglichkeiten erhalten sollte, damit Währungsturbulenzen wie in Asien künftig verhindert werden können. Dabei wiesen Vertreter der Finanzorganisation Kritik zurück, sie hätten nicht rechtzeitig die Alarmglocken geläutet: Der IWF habe bereits im vergangenen Jahr Bangkok vergeblich vor der starken Auslandsverschuldung und undurchsichtigen Geschäftspolitik vieler Banken gewarnt.
Der malaysische Premierminister Mahathir Mohamad hingegen sah erneut übelwollende Mächte am Werk – internationale Währungsspekulanten, die „reich, sehr reich“ geworden seien, „indem sie andere Menschen arm machen“. Die Gesellschaft müsse vor solchen skrupellosen Profitjägern geschützt werden, sagte Mahathir am Samstag. Devisenhandel sei „völlig unnötig, unproduktiv und unmoralisch“ und solle nur gestattet werden, um den internationalen Handel zu finanzieren. Der Premierminister hatte in den vergangenen Wochen den US-Milliardär George Soros beschuldigt, die Wirtschaft asiatischer Staaten zerstören zu wollen. Nach einem Bericht des Asian Wall Street Journal stützt sich Mahathir auf Publikationen des rechten Verschwörungstheoretikers Lyndon LaRouche, der seit Jahren gegen den „in Ungarn geborenen Juden Soros“ anschreibt. Er wolle mit der Königin von England und Drogenkartellen souveräne Staaten zerstören, so LaRouche.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen