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Bedrohte Spezies Hausarzt?

■ Bericht zur „ärztlichen Versorgung“ermittelt zu wenige Hausärzte / Gesundheitssenatorin gegen „Ärzte-Hopping“

Der klassische Hausarzt von nebenan ist auch in Bremen Mangelware. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht über die ärztliche Versorgung in Bremen aus dem Gesundheitsressort. Danach gebe es nur 30 Prozent Allgemeinmediziner, der Rest seien Fachärzte. In ganz Deutschland werde der „Hausarzt seltener“: Ein „negativer Trend“, dem Gesundheitssenatorin Tine Wischer (SPD) jetzt „entgegensteuern will“. Auf der Gesundheitsministerkonferenz wolle sie sich für ein „verstärktes Hausarztsystem politisch stark machen“.

Der 70 Seiten starke Bericht hat den gesamten ambulanten Arztbereich der Kassenärzte unter die Lupe genommen. Danach haben sich zwischen 1995 und 1996 zum Beispiel fast 200 neue Frauenärzte in Bremen angesiedelt (von 9.285 auf 9.406) oder fast 100 zusätzliche Orthopäden (von 4.548 auf 4.655) – Anstiege zwischen zwei und drei Prozent bei Fachärzten. Die Zahl der Hausärzte sei dagegen um 0,1 Prozent zurückgegangen, stellt Autor Dr. Matthias Gruhl fest.

Schuld daran sei vor allem die „neueingeführte Chipkarte“, folgert der Mediziner aus dem Gesundheitsressort. Immer mehr PatientInnen würden wegen der Chipkarte „bei Halsschmerzen lieber gleich zum Halsspezialisten gehen, statt zum Hausarzt“. „Das produziert bei den Hausärzten Mindereinnahmen von drei Milliarden Mark im Jahr.“Gruhls Fazit: Zum einen müsse die Kassenärztliche Vereinigung als alleiniger Verteiler der Gelder die „Honorartöpfe für die Fach- und Allgemeinärzte endlich gerecht in zwei Hälften teilen“, um damit die Position der Hausärzte zu stärken. Zum anderen müssten Arztpraxen vermehrt mit Krankenhäusern vernetzt werden.

Vor allem aber sei ein Ärztesystem wie in den Niederlanden wegen seiner Kostenersparnis und seiner Nähe zum Patienten bedenkenswert: Bei diesem „Primärärztesystem“ist der Hausarzt laut Gesetz für alle verpflichtend der erste Ansprechpartner.

Doch für die Kassenärztliche Vereinigung und die Bremer Ärztekammer sind das „bloß politische Schlußfolgerungen“, kritisiert Hans Funken, Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Auch die Bremer Ärztekammer-Präsidentin Ursula Auerswald kritisiert den Bericht: „Wir wollen nicht vom ganzheitlichen medizinischen System abweichen.“Die Patienten sollten eine freie Arztwahl behalten. Das sieht Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Bremer Hausärzteverbandes, ähnlich: „Statt die ganzen Fachärzte einzudampfen, sollte die Zusammenarbeit mit den Hausärzten verbessert werden“, fordert er. Das Bekenntnis zum niederländischen Modell sei „nicht von sonderlich großer Sachkenntnis getragen.“

In großem Kreise soll der Bericht jetzt beraten werden, kündigte die Gesundheitssenatorin gestern an. „Die ärztliche Versorgung in Bremen ist gut“, zog sie ihr Fazit. Die Ärzteschaft sei zwar im Innenstadtbereich zu stark geballt, im Süden dagegen weniger. Auch sei die Zahl der Behandlungen in Notambulanzen um drei Prozent gestiegen. „Wenn wir den Hausarzt aber stärken, könnten wir das alles gut abfangen“, sagte Wischer. kat

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