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„Wir sind so schlau wie heute morgen“

■ „Arbeit für Bremen“veranstaltete Workshop über Chancen des Strukturwandels / Unter dem Strich wurden wenige sichtbar

„Strukturwandel als Chance für Bremen“, unter diesem anspruchsvollen Titel ohne Fragezeichen hatte die Fraktion der AfB („Arbeit für Bremen“) gestern den ganzen Tag zum „Workshop“geladen. Ein Mitarbeiter von BMW aus München referierte über Telearbeit, es ging um Biotechnologie und Telematik. Das Eingangsreferat hatte Bremens Wirtschaftsstaatsrat Prof. Frank Haller gehalten – über „Strukturwandel in Bremen“, allerdings ohne das Wörtchen Chance.

„Wir sind genauso schlau wie heute morgen“, rief am Ende des Tages Wilhelm Marx, ein junges, unhöflich ehrliches AfB-Mitglied in den Saal: „Wie können wir die Rahmenbedingungen in Bremen verändern? Darauf haben wir keine Antwort.“

Der BMW-Vertreter aus München hatte dargestellt, daß Bayern mit großem Aufwand ein letztlich kleines, aber vielleicht Zukunftsweisendes Projekt „Telearbeitsplätze“fördert. 160 BMW-Mitarbeiter, vor allem aus den Bereichen Forschung und Entwicklung, sparen viel Fahrzeit zum Arbeitsplatz, weil sie von zu Hause arbeiten können. Konkurrenzfähiger werden Betriebe durch die Flexibilität der on-line-Heimarbeit, aber Arbeitsplätze für Bremen sind davon nicht zu erhoffen.

„Geld muß in innovative Bereiche fließen“, faßte der Leiter des Workshops, der AfB-Fraktionssprecher Andreas Lojewski zusammen, Risikokapital müsse unbürokratisch für Existenzgründer zur Verfügung gestellt werden.

Auch das ist eine Idee, die eher die Frage aufdrängt, wie sie in den letztes fünf Jahren umgesetzt wurde. Als für die bremische Wirtschaftspolitik seit über zehn Jahren verantwortlicher Staatsrat hatte Haller eingangs einen Überblick über den geleisteten Strukturwandel gegeben. Vieles sei da geleistet worden, dennoch blieb das Wirtschaftswachstum unterdurchschnittlich. Bremens Schwäche liegt im Dienstleistungsbereich – und in den engen Landesgrenzen: „Der Speckgürtel saugt uns aus“, beklagte Haller. Was dagegen hilft? Haller skizzierte das Arsenal bremischer Wirtschafts-Politik, das er seit Jahren vertritt, versetzt mit der Bemerkung, der Erfolg der Wirtschaftspolitik hänge stark davon ab, daß „wir nicht alles problematisieren und miesmachen“.

Erstaunlicherweise war dies für die AfB kein Anlaß zur Auseinandersetzung, weder gab es skeptische Nachfragen über die Erfolge der letzten Jahre noch stimmte jemand in den Optimismus ein über die derzeit in Planung befindlichen Großprojekte.

Haller war längst nicht mehr dabei, als das einfache AfB-Mitglied Marx am Ende von der Straße berichtete: „Die Leute sind nicht mehr motiviert.“Die Politiker sollten ehrlicher reden. Ozean-Park etwa, die Hoffnung für Bremerhaven. Arbeit für Bremen? „Mehr als Kartenabreißer kann man da doch nicht werden.“ K.W.

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