Wer nicht gehen kann, muß geduldet werden

■ Bundesgericht verbessert den Status von Flüchtlingen, die nicht abgeschoben werden können

Berlin (taz) – AusländerInnen haben Anspruch auf eine formelle Duldung, wenn sie nicht abgeschoben werden können. Das ergibt die jüngste Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Richterspruch vom Donnerstag zwingt die Ausländerbehörden vor allem in Berlin, Bayern und Thüringen, ihre Rechtspraxis zu ändern.

In diesen Bundesländern wurden Duldungen bislang nicht verlängert, auch wenn die Betroffenen gar nicht oder nur unter Schwierigkeiten in ihre Herkunftsländer zurückkehren konnten. Das betraf vor allem VietnamesInnen, BosnierInnen, PalästinenserInnen und KurdInnen aus dem Libanon, die durch den Entzug einer „Duldung“ in die Illegalität gedrängt wurden.

Wie berichtet, hat das Bundesverwaltungsgericht das Land Berlin verpflichtet, drei wegen illegalen Zigarettenhandels verurteilten Vietnamesen eine Duldung auszustellen. Die drei sollten ausgewiesen werden, konnten aber nicht abgeschoben werden, weil Berlin kein entsprechendes „Übernahmeersuchen“ an Vietnam gestellt hat. Die Ausländerbehörde hatte argumentiert, die Leute könnten freiwillig ausreisen.

Die Erteilung einer Duldung an einen Ausländer sei zwingend, urteilte das höchste Verwaltungsgericht, „solange seine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist“.

Die Rückkehr der ehemaligen vietnamesischen VertragsarbeiterInnen ist zwar durch das „Rückführungsabkommen“ geregelt, faktisch aber zeigt Vietnam keinerlei Interesse an seinen Staatsbürgern. Ähnlich ergeht es PalästinenserInnen und KurdInnen aus dem Libanon: Ihr Herkunftsland stellt ihnen keine Pässe aus. Auch die Rückkehrmöglichkeit bosnischer Flüchtlinge aus serbischen Gebieten steht meist nur auf dem Papier.

Solche Umstände könnten nicht den Betroffenen selber angelastet werden, entschied das Gericht nun und verhalf damit der Regelung im Ausländergesetz zur Gültigkeit, daß in solchen Fällen zwingend eine Duldung ausgesprochen werden muß (AZ: 1C 3, 97, 10.97 und 11.97). Ute Scheub

Kommentar Seite 1