Baumfällung: Protest gegen "historisch-preußische Flaniermeile"

Kreuzberger Bürgerinitiative verhindert die Fällung von elf Pappeln an der Waldemarbrücke. Zoff gibt es auch mit einem Bürgerverein.

Die erst vor zwei Wochen gegründete Bürgerinitiative "Bäume für Kreuzberg" hat am Montagmittag einen ersten Sieg über das Bezirksamt errungen. Zu den geplanten Fällungen von elf Pappeln neben der Waldemarbrücke kam es nicht, ein Fälltrupp zog unter den Jubelrufen der rund 20 Demonstranten unverrichteter Dinge wieder ab.

Zwei kleine Mädchen sangen "Wir sind dagegen, keine Bäume fällen!", als die Männer in den grünen Overalls in die Wagen sprangen und davonfuhren. Die Baumfäller seien von der Polizei nach Hause geschickt worden, weil sie keine Fällgenehmigung vorweisen konnten, sagte Claudia Peter von der Initiative. Die zuständige Stadträtin war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Grünstreifen im ehemaligen Luisenstädtischen Kanal, der sich vom Engelbecken bis zum Urbanhafen erstreckt, soll nach dem Willen des Bezirks denkmalgerecht rekonstruiert und entsprechend den Entwürfen des Gartenplaners Erwin Barth aus den 1920er Jahren umgestaltet werden. Diesen Plänen stünden die Pappeln im Wege. Und wie es sich ergibt, legt ein vom Bezirksamt in Auftrag gegebenes Gutachten die Fällung der Bäume nahe. Sie würden in wenigen Jahren eine Höhe erreichen, die sie verstärkten Windbelastungen aussetze, und sich so zum "Sicherheitsrisiko für ihre Umgebung" entwickeln, heißt es dort. Die vom Baumbiologen Michael Barsig für die Kreuzberger Initiative angefertigte Stellungnahme streicht dagegen heraus, dass keine tatsächlichen Schäden an den Pappeln festgestellt worden seien. Ein angebliches Sicherheitsrisiko sei nicht ausreichend und sorgfältig belegt.

Der Ärger der Baumschützer richtet sich allerdings nicht nur gegen das Bezirksamt, sondern auch gegen den Bürgerverein Luisenstadt. Der tritt für die Wiederherstellung des Barth'schen Entwurfs ein und soll nach dem Willen des Bezirksamts die Bürgerbeteiligung bei dem Vorhaben sicherstellen. Nach Meinung der Initiativler kommt der Verein dieser Aufgabe nicht ausreichend nach - sie als Anwohner hätten erst von der Umgestaltung erfahren, nachdem erste Baumfällungen im Dezember und Januar für Gesprächsstoff im Kiez gesorgt hätten.

Tatsächlich scheinen hier Lebenshaltungen aufeinander zu prallen: Auf seiner Internetseite bekennt sich der Bürgerverein zu der Aufgabe, die Luisenstadt wieder zu einer "guten Adresse" werden zu lassen. "Denen ist das hier zu Hippie", erbost sich einer der Protestierer. Die Initiative hingegen will laut Flugblatt eine "historisch-preußische Flaniermeile" verhindern.

Verärgert zeigen sich die Leute von der Bürgerinitiative auch über das Vorgehen des Bezirksamts. Zum ersten Mal seien die Baumfäller am Montag bereits um sieben Uhr morgens angerückt und nur wegen einer "Notfällung" anderorts wieder abgefahren. Bloß um Protest aus dem Weg zu gehen, sei der Termin auf diese frühe Uhrzeit angesetzt worden, da sind sich die Anwesenden einig.

Als Totalverweigerer wollen die Protestierer aber nicht gelten. "Es hat ja niemand was gegen eine Sanierung", sagt Kay Ruchay, "aber dieser Kahlschlag ist absurd".

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