■ Der Kölner Al-Kamel-Verlag publiziert deutsche Literatur, die auf dem Index steht: Von Köln über Beirut in die arabische Welt
„Drei Frauen“ von Robert Musil und jetzt „Die Fälschung“ von Nicolas Born ins Arabische zu übersetzen: Solche Aufträge bekommt der Übersetzer und Autor Hussein Al-Mozany nur beim Al-Kamel-Verlag in Köln. Kein anderer arabischer Verlag in Europa und der arabischen Welt würde sich darauf einlassen, für arabische Leser unbekannte und nicht leicht zu lesende deutsche Autoren herauszugeben.
Deutsche Literatur in der arabischen Welt bekannt zu machen ist eines der Ziele des Verlags. Auffallend oft finden sich im Verlagsprogramm auch Titel, die in der arabischen Welt tabuisierte Themen aufgreifen. Im diesjährigen Herbstprogramm zum Beispiel erscheint erstmalig Mansour Fahmis Buch „Die Situation der Frau im Islam“ auf arabisch. Seit seinem Erscheinen in Paris 1913 war es in der arabischen Welt verboten.
Und auch der algerische Schriftsteller Wasini Al-Aradj kann seine Romane, die von den blutigen Ereignissen in seiner Heimat handeln, nur im Al-Kamel-Verlag veröffentlichen. Dabei geht es dem Verlagsgründer Khalid Al-Maaly keinesfalls um Provokation, sondern, wie er sagt, um einen „Wachtraum“ von Künstlern, die „im grenzenlosen Raum ihrer kreativen Schöpfungen frei fliegen“.
Der Wachtraum des Dichters Khalid Al-Maaly begann 1983 konkrete Formen anzunehmen, dem Gründungsjahr des Verlags und zugleich das Jahr, in dem er als politisch Verfolgter anerkannt wurde. 1979 verließ Al-Maaly aus Furcht vor politischer Verfolgung den Irak. Über Frankreich kam er schließlich nach Köln. Dort beschloß er, eine „Vision“ neu aufleben zu lassen – eine, die er als junger Dichter und viele andere arabische Intellektuelle stets mit der Stadt Beirut verbanden.
Sie war bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs 1975 das Zentrum des freien Denkens in der arabischen Welt. Die Erfüllung von Al-Maalys Vision von der künstlerischen Freiheit stößt heute in der libanesischen Hauptstadt auf immer mehr Widerstand, wie etwa die jüngsten Einwände der libanesischen Zensur auf „Die Fälschung“, die vom libanesischen Bürgerkrieg handelt, zeigen.
Seit einigen Jahren werden die Bücher des Verlags in Beirut gedruckt. Von dort aus wird auch der Vertrieb in die arabische Welt organisiert. Ansonsten hat sich seit der Verlagsgründung wenig geändert. Nach wie vor säzzt der Dichter Khalid Al- Maaly selbst; auch die Geldsorgen sind geblieben. Trotzdem marschiert das Bücherkamel aus Köln mit der schwerer werdenden Fracht weiter. Mona Naggar
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