Früh übt sich

■ Wie die Banken jugendliche Kunden gewinnen und behalten wollen. Die Überziehung der Konten wird von ihnen nicht mehr geduldet

„Würden Sie mit ihm einen Hausbau planen?“ Die Banken mit dem „S“ würden es. Sagen die Sparkassen jedenfalls in ihrer Fernsehwerbung. Dafür, daß der Surfbrett-Freak mit seinem umgebauten VW-Bus später einmal nicht nur eventuell, sondern mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit mit dieser Bank und ihrem Geld sein Haus baut, dafür sorgen die Sparkassen allerdings nicht erst, wenn er sich im „lonesome cowboy“-Alter befindet.

Nicht nur die Sparkassen, sondern alle deutschen Geldinstitute sind schon früh darauf bedacht, ihre erwachsenen Kunden von morgen bereits heute an die Schalter zu binden. Bei Sparkassen und Volksbanken lebt die gute alte Tradition des Gutschein-Sparbuches, mit dem Kinder spätestens ab der Kommunion beglückt werden, immer noch fort. Zehn Mark gibt es meist zum heiligen Fest – fünf Mark, wie früher, sind schließlich heutzutage selbst für neun Jahre alte Knirpse Peanuts. Und mit ihrem Knaxx-Klub haben die Sparkassen seit Jahren noch einen zusätzlichen Renner im Wettbewerb um die jungen Kunden. Andere hingegen werben mit Erlebniskarten, die verbilligte Eintritte garantieren, verschenken Computerspiele oder richten Börsen ein, bei denen etwa Fahrräder verkauft werden können. Die Deutsche Bank dagegen steigt im Vergleich zu Sparkassen und Volksbanken erst spät in das Gerenne um den Nachwuchs ein. Das „Junge Konto“, das werbevollmundig nicht nur man, sondern auch frau hat, ist auf die „Kernzielgruppe ab 16 Jahre“ abgestimmt, ein „Alter, in dem Jugendliche ein privates Konto haben sollten“.

Daß die sogenannten Jugendkonten in der Regel über einige Jahre von den Banken gebührenfrei geführt und oftmals mit den sparbuchüblichen Zinsen versüßt werden, rechnet sich dabei auf jeden Fall. Von klein auf daran gewöhnt, sein Geld nur dorthin zu tragen, bleibt das Kind dann als lukrativer Erwachsener mit seinem gesammelten Finanzbedarf in der Regel dem einmal gewählten Institut treu. „Das Girokonto ist die Einstiegsdroge“, sagt Manfred Westphal, Finanzexperte bei der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände in Bonn. „Immer noch wechseln wenige die einmal gewählte Bank.“

Die Anhänglichkeit muß aber im Erwachsenenleben nicht immer von Vorteil sein: So unterschiedlich wie die Banken, so unterschiedlich sind auch ihre Angebote und Gebühren. Doch während der Preisvergleich in anderen Bereichen zum Alltag gehört, scheint die Versicherung des Kundenberaters, daß man schließlich in allen Geldfragen bei der Stammbank gut aufgehoben sei, zu genügen. „Wir raten, je nach Bedarf die in dem jeweiligen Bereich starken Banken zu nutzen“, so Westphal. „Manche sind bei den Girokonten stark, andere haben bei den Verbraucherkrediten bessere Konditionen.“

Um den Umgang mit Geld zu lernen, könne ein Schülerkonto, auf dem monatlich das Taschengeld und später das erste selbstverdiente landet, schon sinnvoll sein. „So werden Jugendliche frühzeitig an den Umgang mit Geld gewöhnt.“ Einen Lerneffekt allerdings, schränkt Westphal ein, habe das Ganze nur, wenn man die Jugendlichen nicht allein lasse mit ihren Geldgeschichten. Gefordert sind dabei vor allem die Eltern, die ihren Kindern die Unterschiede zwischen „muß ich sofort haben“ und „kann ich mir eben erst leisten, wenn das Geld dafür da ist“ einfach beibringen müssen. Doch Erwachsene sind darin mit ihren „Konten im Soll“, daher meist kein gutes Beispiel, und leben oft finanziell auf der Überholspur. Kein Wunder, wenn die Kleinen das nachmachen. Bis vor zwei Jahren war es beinahe „gang und gäbe“, so Westphal, daß Kinder ihre Konten überzogen und bereits in jungen Jahren überschuldet waren. Erst im März 1995 brachte das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen eine „Verlautbarung zum Thema Bankgeschäfte mit Minderjährigen“ heraus, in der unter anderem festgelegt ist, daß Minderjährige nur Guthabenkonten führen dürfen. In der Verlautbarung, an der auch die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände mitwirkte, sind die Banken unter anderem dazu angehalten, auch sogenannte „stillschweigend geduldete Überziehungskredite“ zu vermeiden. Dies werde mittels EDV heute auch gewährleistet, verspricht Klaus Thoma, Pressereferent der Deutschen Bank in Frankfurt. So seien bei den Kundenkarten (auch Bank-Card oder Jugend-Service- Card genannt) feste Grenzen beim Geldabheben vorgesehen, die ähnlich wie die EC-Karten-Limits von Automaten abgefragt werden können. Dispokredite gibt es erst ab 18 Jahren. „Wir haben nichts davon, wenn schon junge Kunden über ihre Verhältnisse leben“, beteuert Thoma. Ralf Ansorge